Presse

2023-06-28

Hinweise zu einer Meldung der dpa vom 26.6.2023

© Adobe Stock/eric

In zahlreichen Presseartikeln, die auf Grundlage einer dpa-Meldung vom 26.06.2023 mit dem Titel „Teures Bauen: Geywitz will Kostencheck für DIN-Normen“ erschienen sind, wurde die Normung als Kostentreiber für das Bauen beschrieben.  Um zu einer differenzierten Auseinandersetzung mit diesem wichtigen Thema beizutragen, möchten wir im Folgenden einige Fakten zur Normung darstellen:

Baukostenanstieg: Es gibt unterschiedliche Ursachen für steigende Baukosten, z. B. die Inflation, die sich in deutlich, teilweise sprunghaft gestiegenen Energie- und Materialkosten als auch erhöhten Arbeitskosten zeigt. Zudem sind die stark gestiegenen Grunderwerbskosten in Form von hohen Grundstückspreisen sowie die nach vielen Jahren durch die starke Baukonjunktur als auch durch die Corona-Pandemie und Krieg verursachten Lieferengpässe und Knappheit von Handwerker- und Bauleistungen zu nennen. Auch die Anforderungen an das Bauen hinsichtlich Sicherheit und Klimaschutz durch den Gesetzgeber in Form neuer Gesetze und Verordnungen steigen. Zudem werden Bauvorhaben immer komplexer, oft spiegeln sich darin unsere Erwartungen an attraktiven Wohnraum wider. Normen tragen dieser Veränderung Rechnung, indem sie die höheren Anforderungen technisch konkretisieren. Wollen wir Baukosten senken gehen damit ggf. auch Abstriche am Komfort und der Sicherheit unserer heutigen Wohnwelt einher.

Kosten-Nutzen-Aspekte von Normen: Grundsätzlich gilt: Normung trägt im Bauwesen erheblich zur Kostensenkung bei, z. B durch vereinfachte Angebots- und Ausschreibungspraxis, verminderte Anpassungskosten und die Möglichkeit der Serienproduktion einzelner Bauteile. Normen entlasten die Bauwirtschaft beim Nachweis der Erfüllung der gesetzlichen Sicherheitsanforderungen. Ohne Normung müssten diese Nachweise durch Gutachten erbracht werden. Eine Befragung von Bausachverständigen hat zudem bestätigt: Durch eine konsequente Einhaltung von Normen können die Fehlerkosten im Bau von derzeit geschätzt elf Prozent auf fünf Prozent jährlich gesenkt werden – das sind 24 Mrd. Euro jährlich. In Normen stecken Wissen und Erfahrung – so können Fehler vermieden werden, was den Bauherr*innen unmittelbar zu Gute kommt.

Ende 2018 wurde im Auftrag von DIN ein Gutachten zur Kostenrelevanz durchgeführt, bei dem exemplarisch drei Normen genauer betrachtet wurden. Eine Gegenüberstellung der Normen DIN 18180 (Gipsplatten), DIN 18533-2 (Abdichtungen von Bauteilen mit bahnenförmigen Abdichtungsstoffen) und DIN 18560-2 (Estriche und Heizestriche auf Dämmschichten) mit ihren jeweiligen Vorgängerausgaben anhand eines Modells für Wohngebäude ergab sehr unterschiedliche Kostenabweichungen. Im Ergebnis wurden sowohl geringfügig höhere als auch geringere Erfüllungskosten ermittelt. Auch Kostenindifferenz war in der Praxis Resultat der inhaltlichen Anpassungen. Um mögliche Folgekosten von Normen weiter zu reduzieren, soll – wie in den Artikeln beschrieben – zukünftig eine Folgekosten- und Nutzenabschätzung in den Normungsprozess des Geschosswohnungsbaus implementiert werden. Die Abschätzung soll durch eine unabhängige Instanz durchgeführt werden. Im Beitrag der dpa vom 26.6.2023 wird der Eindruck vermittelt, die privatwirtschaftlich organisierte Normung wäre der Grund für die schwierige Umsetzung einer Folgekostenbetrachtung. Richtig ist: DIN unterstützt die Implementierung einer Folgekosten- und Nutzenabschätzung. Gesetzliche Anforderungen des Kartellrechts zwingen DIN allerdings, einen kartellrechtlich unbedenklichen Normungsprozess ohne Preisabsprachen sicherzustellen. Diese Notwendigkeit wird auch von den Rechtsabteilungen der beteiligten Ministerien gesehen.

Um mögliche Folgekosten von Normen zu senken, ist der Gesetzgeber in der Pflicht, die von ihm initiierten Gesetze und Verordnungen auf Folgekosten zu untersuchen. Normen konkretisieren in vielen Fällen gesetzliche Rahmenbedingungen und bilden damit lediglich die höheren Anforderungen des Gesetzgebers technisch ab, sind jedoch nicht originär für Kostensteigerungen am Bau verantwortlich. Es liegt zudem in der Zuständigkeit des Gesetzgebers, hier des Bauministeriums oder landesspezifischer Behörden, Normen mit höherem Augenmaß in Bezug zu nehmen und so grundlegende Anforderungen von weitergehenden höheren Anforderungen eindeutig zu unterscheiden. Letztendlich braucht es eine offene und ehrliche gesellschaftliche und politische Diskussion, welche Anforderungen wir an das Bauen im Hinblick auf Klimaschutz, Sicherheit und Komfort (z. B. Schallschutz) haben und welchen Einfluss dies auf die Baukosten hat. Diese Diskussion sieht DIN derzeit nicht.

Mitwirkende an der Normung: Normen werden nicht nur von Vertretenden der Industrie geschrieben, sondern alle relevanten Anspruchsgruppen – die sog. interessierten Kreise - wirken in Normenausschüssen von DIN mit. Gerade in der Baunormung sind sehr viele verschiedene Kreise mit ganz unterschiedlichen Anliegen vertreten: zum Beispiel Planer und Architekten, Baufirmen aus den verschiedenen Gewerken, Hersteller von Bauprodukten, Wohnungswirtschaft, Politik und Behörden, Wissenschaftler, Verbraucherschutzorganisationen und viele mehr. Normen werden im Konsens aller Beteiligten erstellt, d. h. die verschiedenen Interessen werden im Rahmen der Normungsarbeit offen diskutiert und abgewogen. Bevor sie veröffentlicht werden, hat die Öffentlichkeit zudem mit dem jeweiligen Norm-Entwurf die Möglichkeit, die Inhalte zu kommentieren. Somit hat jedermann die Möglichkeit, Wissen oder auch Bedenken in den Normungsprozess einzubringen. Normung und Normeninhalte leben von der aktiven Beteiligung der verschiedenen Stakeholder. DIN beteiligt sich nicht an inhaltlichen fachlichen Fragestellungen, sondern stellt davon unabhängig den transparenten Prozess sicher. Auf eine ausgewogene Besetzung der Normenausschüsse wird geachtet. Transparenz und Partizipation sind der Schlüssel für das große Vertrauen, das DIN-Normen entgegengebracht wird.

Das heißt: Die durch Vertreter*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand und Zivilgesellschaft gemeinsam erarbeiten Bau-Normen und -Standards können dementsprechend selbstverständlich angepasst werden, wenn dafür ein Bedarf vorhanden ist.

Weitere Informationen zum Thema erhalten Sie hier.

Ihr Kontakt

DIN e. V.
Pressesprecher
Julian Pinnig

Am DIN-Platz
Burggrafenstraße 6
10787 Berlin

Tel.: +49 30 2601-2812

Zum Kontaktformular  

Weitere Informationen

  • Über NABau. Hier erfahren Sie, wie sich der NABau zusammensetzt und wie er strukturiert ist.