2018-10-11

Standards helfen Forschungsergebnisse zu verbreiten und marktfähig zu machen

DIN und UNE diskutieren mit Forschern und Politikern über Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe

Rüdiger Marquardt, Dr. Michael Stephan, Dr. Christian Ehler, MdEP
Rüdiger Marquardt, Dr. Michael Stephan, Dr. Christian Ehler, MdEP
© DIN e.V./Alexander Louvet

Mit der Fragestellung „Was kann Standardisierung dazu beitragen, die Wirkung der Projekte im Rahmen von Horizon Europe zu unterstützen?“ luden die nationalen Normungsorganisationen von Deutschland und Spanien, DIN und UNE, am 10. Oktober 2018 zur Diskussionsveranstaltung in Brüssel ein. Ziel war es, anhand von Projektbeispielen aus dem laufenden EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizon 2020 darzulegen, wie Standards einen Beitrag zum Wissenstransfer und somit zur Innovationsförderung zukünftiger Horizon Europe Projekte leisten können.

Dr. Christian Ehler, Mitglied des Europäischen Parlamentes und Berichterstatter für das 9. EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe, berichtete von den am Vorabend durchgeführten Gesprächen zu den Ergänzungsanträgen in seinem Bericht. Überzeugt von den Vorteilen von Standards bei der „Aufnahme von Forschungsergebnissen durch den Markt“, hat Dr. Ehler sich dafür eingesetzt, dass Standards in allen Säulen des Programms Horizon Europe als Instrument des Wissenstransfers integriert werden. Er bemerkte aber, dass er in dieser Beziehung wenig Unterstützung im Europäischen Rat durch die Mitgliedsstaaten erwartet und die Bedeutung der Standardisierung weder bei den Forschern selbst sehr bekannt ist noch bei ihren Dachorganisationen ausreichend gesehen wird. Er ermahnte die Normungsorganisationen, mehr zu tun, um die Instrumente Normung und Standardisierung sichtbar zu machen und in ihrer Umsetzung schneller zu werden.

Dr. Gustaf Winroth von der Generaldirektion für Forschung und Innovation steht mit den Themen Mikro- und Nanofertigung sowie Metrologie einem Bereich vor, der erkannt hat, dass Standards eine wichtige Rolle für die Verbreitung von Forschungsergebnissen spielen: „Man bekommt einen Wettbewerbsvorteil und erhält Anerkennung“, so Dr. Winroth. Er räumte allerdings ein, dass nicht alle seine Kollegen, die für die Ausschreibung von Forschungsprojekten zuständig sind, auf dem gleichen Wissensstand sind.

DIN und UNE sind Projektpartner in einer Reihe von Forschungsprojekten, die unter dem aktuellen EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 laufen. Projektleiter von drei dieser Projekte stellten bei der Veranstaltung ihre projektspezifische Sicht von dem Beitrag der Standardisierung vor:

Prof. Dr. Thomas Bock leitet REACH (Responsive Engagement of the Elderly promoting Activity and Customized Healthcare), welches es sich zur Aufgabe gemacht hat, mit proaktiven Pflegemaßnahmen ein Gegenwicht zu stark gestiegenen Kosten im Gesundheitssektor zu setzen. Dabei spielen digitale Möglichkeiten wie Sensoren und künstliche Intelligenz eine Rolle. Es ist gelungen, dass ein Mitarbeiter von REACH direkt im ISO/TC 314 für alternde Gesellschaften als Convenor der Working Group (WG) 2 (Inkuldierung von Menschen mit Demenz in allen Lebensbereichen) Erkenntnisse einfließen lässt. Die Verbindung zur Normung hat mit den Worten von Prof. Dr. Bock dazu beigetragen:

  1. Weltweite Trends und Märkte zu identifizieren
  2. Weltweit durch deren Aufnahme in Normen eine Marktnachfrage für REACH-Ergebnisse zu schaffen
  3. Schnittstellen zu Akteuren außerhalb von REACH zu definieren, um marktorientierte Forschung zu gewährleisten.

Prof. Jose Maria Sarriegi ist Projektkoordinator von SMR (Smart Mature Resilience), welches einen Beitrag zur Widerstandsfähigkeit von Städten geleistet hat. Dabei wurden von den Teilnehmern Leitlinien sowie ein Reifegradmodell und ein Informationsportal erarbeitet, die jeweils in Form eines CWA (CEN Workshop Agreement) veröffentlicht wurden. Für Professor Sarriegi war die Arbeitsweise in der Normung, die er als „Co-Creation“ beschreibt, von besonderem Interesse. Durch die Einbindung weiterer Akteure in den Standardisierungsprozess haben sich die Arbeitsergebnisse des Projektes besser verbreitet und konnten von weiteren Städten aufgenommen werden.

Isabel Lacave leitet BREASAER (BREakthrough Solutions for Adaptable Envelopes in building Refurbishment) zur Entwicklung von anpassungsfähigen Fassadenelementen, die unter anderem isolieren, Solarenergiegewinnung ermöglichen und eine geeignete Ventilation sicherstellen. UNE hat in einem ersten Schritt vorhandene Normen und Normungsgremien identifiziert und die Informationen dem Projekt zugänglich gemacht. In einem zweiten Schritt haben Experten die Erkenntnisse des Projektes in die Gremien eingebracht. Die Vorteile:

  • Bestehende Normen können geändert werden
  • Entwicklungsergebnisse werden verbreitet
  • Kompatibilität und Interoperabilität können hergestellt werden
  • Marktakzeptanz wird vorbereitet
  • Handelshemmnisse werden abgebaut.

Fernando Utrilla Ortega und Dr. Michael Stephan von UNE und DIN stellten die Inhalte des gemeinsamen Positionspapiers vor und verdeutlichten, dass die Standardisierung bei CEN und CENELEC mit dem CWA-Prozess (oder bei DIN mit DIN SPEC) schnelle Arbeitsergebnisse liefern kann.

Einige Ergebnisse der Diskussion auf einen Blick:

  • Forschungsprojekte können davon profitieren, bereits bestehende Normen und Standards zu nutzen
  • Projektpartner arbeiten in einzigartiger Weise in der Standardisierung zusammen und lernen voneinander
  • Normen und Standards tragen dazu bei, Forschungsergebnisse zu verbreiten und nutzbar zu machen
  • Durch Normen und Standards wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Forschungsergebnisse von Unternehmen in marktfähige Produkte umgesetzt werden und Wirtschaftlichkeit erlangen
  • Standardisierung muss ein integraler Bestandteil von Ausschreibungen in allen „Säulen“ von Horizon Europe sein
  • Standardisierung sollte ein Schlüsselindikator werden, wenn der Erfolg von Projekten evaluiert wird
  • Kommissionsbeamte sind zu schulen, wie Normung und Standardisierung in den Ausschreibungen integriert werden kann
Rüdiger Marquardt, Dr. Michael Stephan, Dr. Christian Ehler, MdEP
Rüdiger Marquardt, Dr. Michael Stephan, Dr. Christian Ehler, MdEP
© DIN e.V./Alexander Louvet
Sibylle Gabler
Sibylle Gabler
© DIN e.V./Alexander Louvet
Dr. Christian Ehler, MdEP, Fernando Urtrilla Ortego, Dr. Gustav Winroth, Dr. Michael Stephan
Dr. Christian Ehler, MdEP, Fernando Urtrilla Ortego, Dr. Gustav Winroth, Dr. Michael Stephan
© DIN e.V./Alexander Louvet
Dr. Christian Ehler, MdEP
Dr. Christian Ehler, MdEP
© DIN e.V./Alexander Louvet
Prof Dr. Thomas Bock
Prof. Dr. Thomas Bock
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Prof. Jose Maria Sarriegi
Prof. Jose Maria Sarriegi
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Isabel Lacave
Isabel Lacave
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Andreas Jenet
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Role of standardization in Horizon Europe projects