DIN Verbraucherrat

2016-06-30

Interview mit dem Sachverständigen für Holz und Holzschutz Herrn Dr. Johann Müller

Der DIN-Verbraucherrat möchte an dieser Stelle den ehrenamtlichen Mitarbeitern die Möglichkeit geben, ihre persönliche Motivation, Sichtweisen und Erfahrungen im Zusammenhang mit der ehrenamtlichen Arbeit für den DIN- Verbraucherrat in der Normung vorzustellen. Wir haben dazu die Form eines Interviews gewählt und freuen uns, diese Reihe mit Herrn Dr. Johann Müller aus Dörpen zu beginnen.

Neuer InhaltHerr Dr. Müller ist Diplom-Holzwirt, Sachverständiger für Holz und Holzschutz und arbeitet freischaffend als Fachjournalist. Er ist seit zehn Jahren ehrenamtlich im Bereich Dauerhaftigkeit von Holz und Holzprodukten sowie Holzschutz in der Normung tätig.

DIN-Verbraucherrat (VR): Herr Dr. Müller, was war Ihre Motivation für Ihre ehrenamtliche Tätigkeit im Verbraucherrat?
Dr. Müller: Aus meiner Tätigkeit in der Praxis war mir bekannt, dass Holzschutzmittel, also Biozide - einfach gesagt: Gifte - oftmals unnötig oder falsch eingesetzt werden.
Die Beratung von Verbrauchern, die eine Holzschutzfrage zu klären haben, erfolgt in der Regel im Baumarkt und ist hier wesentlich durch wirtschaftliche Interessen gelenkt; Hersteller und Handel müssen Umsatz machen und beraten entsprechend. Dies ist besonders der Fall, wenn die Berater oder Verkäufer umsatzabhängig bezahlt werden. Fundiertes Wissen - musste ich leider wiederholt selber erfahren - kann man aber im Handel nicht erwarten. Einen gewissen Verbraucherschutz bieten hier die Holzschutznormen. Zum einen beraten die Verkäufer des Handels und der Industrie ungern offen gegen Normbestimmungen, zum anderen kann sich der Käufer selber mit den Normen kundig machen. Wichtig ist jedoch, dass in den Normen klar formuliert ist, wie der Schutz des Holzes, möglichst ohne Holzschutzmittel, richtig ist. Es hat mich gereizt, hierbei mitzuwirken.

VR: Gab es ein besonderes Highlight/Erfolgserlebnis bei Ihrer Arbeit an Ihrem Thema im Ausschuss?
Dr. Müller: Ein Highlight war die Fertigstellung der Normenreihe DIN 68800 zum Holzschutz.  Über fünf Jahre haben wir hieran gearbeitet. Es gab harte Diskussionen mit den Vertretern der Industrie und der Materialprüfanstalten, die ihr Geld mit der Prüfung von Holzschutzmitteln verdienen und somit der Industrie nahe stehen.
Ich denke, die Arbeit hat sich gelohnt, das Ergebnis ist im Sinne des Verbraucherschutzes ein Fortschritt.

VR: Gibt es spezielle Herausforderungen im Rahmen Ihrer Tätigkeit für den Verbraucherrat?
Dr. Müller: Eine Herausforderung liegt eher auf der menschlichen Ebene. Die Holzbranche ist klein, und man trifft in den Ausschüssen immer wieder ehemalige Studien- oder Berufskollegen, die jetzt „auf der anderen Seite“ stehen. Ohne Polemik zu argumentieren, in der Sache aber hart zu bleiben, und dabei die guten alten Beziehungen nicht zu zerstören - das ist manchmal eine Gratwanderung, und kleine zwischenmenschliche Tiefs lassen sich leider nicht immer vermeiden.
Fachlich hat die Normung natürlich einen großen Reiz, denn man trifft auf die besten Experten der Branche. Hier die eigene Position fundiert darzulegen und im Gremium zu bestehen, ist eine große Herausforderung.

VR: Wie erarbeiten Sie Ihre Standpunkte zu normungsrelevanten Fragen?
Dr. Müller: Mein Normungsbereich deckt sich gut mit meiner täglichen Arbeit als Fachjournalist und Sachverständiger für Holz. Die eigene Einschätzung zu einer Frage ergibt sich dabei nahezu automatisch. Falls ich mir nicht sicher bin, diskutiere ich die Fragestellung mit Fachkollegen oder anderen Ausschussmitgliedern. Außerdem nutze ich die Möglichkeit, Themen in der Expertengruppe des VR „Bauen und Wohnen“ zu diskutieren. Bei sehr strittigen Fragen wird auch das ehrenamtliche Gremium des Verbraucherrates einbezogen. So ergibt sich dann der endgültige Standpunkt.

VR: Gibt es für Sie persönlich Gesichtspunkte, auf denen Ihr besonderes Interesse liegt?
Dr. Müller: Es ärgert mich sehr wenn ich sehe, dass sinnvolle Normeninhalte in der Praxis nicht beachtet werden. Große Mengen an Bioziden gelangen in die Umwelt, weil Holzschutzmittel falsch oder unnötig eingesetzt werden. Oftmals sehe ich, dass der bauliche Holzschutz nicht eingehalten wird. Mit Holzschutzmittel behandelte Dachstühle sind wochenlang dem Regen ausgesetzt, weil das Dach nicht eingedeckt wird. Eingeschritten wird hier nicht, Behörden fühlen sich offensichtlich nicht zuständig oder sind überfordert. Leider sind es aber auch oft öffentliche Bauten, an denen diese Fehler zu sehen sind. Dann treten wenige Jahre später Schäden auf, und der Steuerzahler muss den Pfusch bezahlen.
Wir müssen nicht nur Normen schreiben, sondern auch für die Anwendung in der Praxis sorgen; sonst verpufft unsere Arbeit.

VR: Herr Dr. Müller, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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