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Was steckt hinter den 4.000 Baunormen?
Auf den zweiten Blick
Normen werden beim Bauen nicht nur gebraucht, damit Bauprojekte gelingen: Sie sorgen auch dafür, dass sich nachhaltige und effiziente Bauweisen etablieren können. Ca. 4.000 Normen* stehen mit Bauen in Zusammenhang.
Doch würden Sie beim Wort „Baunorm“ als Erstes an Normen für die Bodenbeschaffenheit von Sporthallen, Standards zum Wärmeschutz geschlossener Ställe oder gar an eine Anleitung zur Probenahme von Zooplankton aus stehenden Gewässern denken?
Das bedeutet: Die Zahl der Baunormen umfasst ein enorm breites Feld – und nicht für jedes Bauprojekt braucht es alle Normen. Ein Forschungsprojekt des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen hat beispielsweise herausgefunden, dass für den Geschosswohnungsbau etwa 355 Normen** relevant sind.
Ein Blick aufs große Ganze zeigt, was hinter den Zahlen steckt.

Von Schallschutz bis Stall-Klima: Baunormen gehen über Gebäudebau hinaus
Wird ein Haus gebaut, geben Normen nicht nur Orientierung beim Bau an sich, sondern entlang der gesamten Wertschöpfungskette und des gesamten Lebenszyklus des Gebäudes. Im Bau selbst spielen neben den Sicherheitsstandards zum Beispiel die Normung von Baumaterial, Treppen oder Schallschutz im Gebäude eine Rolle – bis hin zur Norm, die Anforderungen an WC-Sitze regelt. Ist das Haus dann „in Betrieb“, gibt es auch Normen und Standards für dessen Wartung und Instandhaltung, beispielsweise der Lüftungsanlagen.
Weil aber nicht nur Gebäude wie Wohnhäuser, Sporthallen oder Museen, sondern auch Straßen, Gewässer, Landschaften oder unterirdische Systeme gebaut werden, ist die Bezeichnung „Baunorm“ weit gefasst.
Markus Brunner, stellvertretender Geschäftsführer des Normenausschusses Bauwesen bei DIN, erklärt dazu: „Was genau eine ‚Baunorm‘ ist, ist nicht fest definiert. Deshalb sind in den 4.000 von DIN als Baunormen bezeichneten Normen viele angrenzende Bereiche, aber auch solche zu finden, die eher im weitesten Sinne mit Bauen zu tun haben.“
So zum Beispiel Baustandards zur vorbeugenden Kriminalitätsbekämpfung in der Stadt- und Gebäudeplanung, aber auch Normen zum Wärmeschutz geschlossener Ställe oder eine Anleitung zur Probenahme von Zooplankton aus stehenden Gewässern.
Für ein erfolgreiches Bauprojekt ist für jedes Gewerk nur ein Teil der Baunormen relevant.
Geschosswohnungsbau: Sicher wohnen braucht verlässliche Regeln
Von 2019 bis März 2023 lief ein Forschungsprojekt im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) – darin ergab sich, dass etwa 355 Normen** für den Geschosswohnungsbau relevant sind.
Darunter fallen zunächst die Normen, die Sicherheit in Wohnräumen gewährleisten: So regelt DIN 14676-1 zum Beispiel die Planung und den Einbau, aber auch die Wartung und Instandhaltung von Rauchmeldern.
Doch auch unter den 355 Baunormen finden sich solche, die nicht für jedes Gebäude zwingend relevant sind. Ob beispielsweise Regelungen für Personenaufzüge oder Spielplatzgeräte zur Anwendung kommen, hängt vom konkreten Bedarf, den behördlichen Anforderungen und den Gegebenheiten vor Ort ab.
Die Welt entwickelt sich weiter – und damit auch die Normen
Die Welt, in der wir leben, verändert sich – und damit auch die Anforderungen an die Baubranche: Es braucht bezahlbaren Wohnraum, eine intelligentere Nutzung von Baumaterial und digitale Prozesse.
Diesen Anforderungen gerecht zu werden, setzt Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Branche voraus – gleichzeitig ist für die Entwicklung von nachhaltigeren und effizienteren Bauweisen Innovationskraft gefragt.
Damit sich neue, sichere und nachhaltigere Bauweisen etablieren können, ist es wichtig, Unsicherheiten über deren Anwendung abzubauen. Die Plattform dafür bietet DIN: Hier haben Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen die Möglichkeit, sich auszutauschen und entsprechende Normen und Standards zu entwickeln. In der internationalen Normungsarbeit können diese Bau-Innovationen schließlich über Deutschland hinaus geteilt und gemeinsam weiterentwickelt werden.
Sie möchten mehr zum Thema Normung im Bauwesen erfahren oder die Baunormung selbst mitgestalten? Hier lesen Sie alles Wichtige: Baunormung verstehen
* Umfasst die Normenbestände der drei für das Bauen wichtigsten Normenausschüsse: Normenausschuss Bauwesen (ca. 2.500 Normen), Normenausschuss Wasserwesen (ca. 1.200 Normen) und Normenausschuss Heiz- und Raumlufttechnik sowie deren Sicherheit (ca. 300 Normen)
** Quelle: Forschungsprojekt „Prüfung der Kostenauswirkungen von Baunormen auf den Wohnungsbau und Einsparpotenziale - Umsetzung von Empfehlungen der Baukostensenkungskommission“; aus „Zukunft Bau“, ein Forschungsprogramm des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen; Projektlaufzeit: 01.Oktober 2019 bis 31. März 2023; im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR); bearbeitet von Christian Stoy, bauoek GmbH, Winterthur, Schweiz Christopher Hagmann, TGZ Bauökonomie, Stuttgart Reinhold Johrendt, HafenCity Universität, Hamburg