• Klima- und Lüftungstechnik

FAQs zur DIN 1946-6:2019-12

Die DIN 1946-6 ist mit Ausgabedatum Dezember 2019 erschienen. Kommentierungen einer Norm haben sich bewährt, damit die Festlegungen von allen Beteiligten unmissverständlich verstanden werden, und die Norm einheitlich angewendet werden kann.

Der zuständige Arbeitsausschuss NA 041-02-51 AA zusammen mit dem Fachverband Gebäude-Klima e. V. (FGK) und der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie e. V. (BDH) werden die vorliegenden FAQs regelmäßig aktualisieren und um aktuelle Fragestellungen erweitern.

Weitere Hinweise und aktuelle Fassungen auf der Internetseite: www.kwl-info.de

Onlinerechner zur Notwendigkeit einer lüftungstechnischen Maßnahme:

https://updates.fgk.de/DIN_1946_6_Eingabe.php

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Fragestellungen zur DIN 1946-6:2019-12

1. Abschnitte 4 und 6 - Berechnung der Infiltration basierend auf dem n50-Wert Ausblenden

Kommentierung:

In der Norm wird in den Abschnitten 4 und 6 basierend auf dem n50-Wert ein Außenluftvolumenstrom über Infiltration errechnet. Für die Ermittlung dieses n50-Wertes geht die Norm davon aus, dass alle der geplanten Lüftung dienenden Öffnungen (z. B. ALD, ZuLD von Einzelraum-Lüftungsgeräten, AbLD auch in Lüftungsschächten, Einzelventilatoren, FLD von Abluftherdhauben) abgedichtet werden. Dies sieht DIN EN 13829:2001-02, Verfahren B auch vor, nach der die Gebäudedichtheit nach EnEV messtechnisch zu bestimmen ist. Nach GEG muss jedoch das Verfahren 3 der DIN EN ISO 9972:2018-12, Anhang NA verwendet werden. Bei diesem Verfahren dürfen Öffnungen der freien Lüftung wie z.B. ALD nicht mehr abgedichtet, sondern nur noch geschlossen werden, wenn Verschlussmöglichkeiten vorhanden sind.

Aus diesem Grund kann der n50-Wert zur Überprüfung der Dichtheitsanforderungen nach GEG nicht immer zur Berechnung des Infiltrationsvolumenstroms nach DIN 1946-6 genutzt werden. Weist das Gebäude eine freie Lüftung auf, müssen zur Ermittlung des n50-Wertes für die Berechnung der Infiltration nach DIN 1946-6 alle Bauteile der freien Lüftung abgedichtet werden. Siehe auch Tabelle 10, Fußnote 3).

2. Gleichung (2) in 4.2.2. Luftvolumenstrom zum Feuchteschutz und Gleichung (8) in 6.1.2 Notwendige Außenluftvolumenströme für Nutzungseinheiten Einblenden

In DIN 1946-6 heißt es unter 4.2.2:

Für die Ermittlung des Luftvolumenstromes zum Feuchteschutz ist der Wärmeschutz des Gebäudes zu berücksichtigen.

Die Luftvolumenströme für den Feuchteschutz sind nach Gleichung (2) zu ermitteln, siehe auch Tabelle 7.

2

Dabei ist

qv,ges,NE,FL         der Luftvolumenstrom für den Feuchteschutz in m3/h

ANE        die Fläche der Nutzungseinheit in m2 (die lichte Raumhöhe wird mit 2,5 m zugrunde gelegt)

fWS          der Faktor zur Berücksichtigung des Wärmeschutzes des Gebäudes.

In DIN 1946-6 heißt es unter 6.1.2:

2.2

Kommentierung:

 Anmerkung c in Tabelle 7

c    Beheizte Fläche ANE innerhalb der Gebäudehülle, die im Rahmen des Lüftungskonzeptes zu berück-
      sichtigen ist:

  • bei Flächen der NE ANE 20 m2 (je Wohnung bzw. Nutzungseinheit) wird ANE = 20 m2 gesetzt,
  • bei Flächen der NE ANE > 210 m2 (je Wohnung bzw. Nutzungseinheit) sind die planmäßigen Außenluftvolumenströme anzupassen, indem der für 210 m2 bestimmte Volumenstrom um 4 m3/h je 10 m2 zusätzliche Wohnfläche erhöht wird.  Eine Verringerung der Luftvolumenströme mit größer werdender Fläche der Nutzungseinheit ist nicht zulässig.

Anmerkung c gilt auch für Gleichung (2). Danach ist der Luftvolumenstrom für Flächen über 210 m2 nach Gleichung (2) wie folgt zu berechnen:

Bei Flächen der NE ANE > 210 m2 (je Wohnung bzw. Nutzungseinheit) sind die planmäßigen Außenluftvolumenströme anzupassen, indem der für 210 m2 bestimmte Volumenstrom um 0,4 m3/h je 1 m2 zusätzliche Wohnfläche (für Nennlüftung) erhöht wird. Eine Verringerung der Luftvolumenströme mit größer werdender Fläche der Nutzungseinheit ist nicht zulässig.

Die Faktoren fWS in Gleichung (2) und fLSt in Gleichung (8) sind entsprechend anzuwenden, also:

2.3


3. 5.2.2 – Einsatz eines Lüftungsgerätes für mehrere Wohneinheiten Einblenden

In DIN 1946-6 heißt es unter 5.2.2:

Ein Luftaustausch zwischen verschiedenen Nutzungseinheiten oder zwischen Treppenraum und Nutzungseinheit über die Wohnungseingangstür muss in Mehrfamilienhäusern aus hygienischen Gründen planmäßig verhindert werden.

Kommentierung:

Grundsätzlich erlaubt die DIN 1946-6 den Einsatz eines Lüftungsgerätes für mehrere Wohneinheiten, insbesondere auch im Geschoßwohnungsbau.

Der beschriebene Abschnitt bezieht sich auf die Luftvolumenstrombalance (Zu- und Abluft) in den Wohneinheiten und hinreichend dichte Türen, damit die Luft und damit auch Gerüche nicht ausgetauscht werden. Dies muss aus verständlichen Gründen auch bei einer Einliegerwohnung so sein.

Etwaige Überströmungen durch Leckagen im RLT-Gerät können durch hinreichend dichte Geräte (Prüfungen nach Ecodesign oder Zulassung) hinreichend minimiert werden, bzw. durch Anordnung der Ventilatoren im RLT-Geräte so gestaltet werden, dass etwaige Leckluftvolumenströme in die Fortluft und nicht in die Zuluft für andere Wohneinheiten gelangen.

Nach DIN 1946-6 kann also ein Gerät verwendet werden, solange die Luftvolumenstrombalance in den einzelnen Wohneinheiten gegeben ist.

4. 8.3.6.2 Wärmedämmung des Luftleitungsnetzes Einblenden

4.1 Zu 8.3.6.2.1 Festlegung der Wärmedämmung

In DIN 1946-6 heißt es unter 8.3.6.2.1:

Bei der Planung und Installation ist die Kategorie für die notwendige Wärmedämmung des Leitungsnetzes unter Berücksichtigung der baulichen und energetischen Randbedingungen nach Tabelle 22 festzulegen und auszuführen. Zur Vermeidung von unnötigen Energieverlusten bei Anlagen mit Wärmerückgewinnung (Wärmeübertrager oder Wärmepumpe) sollten die Luftleitungen nach Tabelle 23 gedämmt werden.

Tabelle 22 – Kategorien für die Wärmedämmung des Luftleitungsnetzes

Kategorie

Beschreibung

Anforderung

W-K

Kondensatvermeidung

Grundanforderung

Luftleitungen für Zu- und Abluft innerhalb der thermischen/beheizten Hülle (Raumtemperatur > 18 °C):

Keine Wärmedämmung

Andere Luftleitungen innerhalb der thermischen Hülle bis 3 m Länge:

Mindestdämmdicke 20 mm (λ = 0,038 W/(m ⋅ K))

Alle anderen Luftleitungen:

Wärmedämmung nach Kategorie W‑E

Für Luftheizanlagen sind die Anforderungen des Energieeinsparrechtes zu beachten

W-E

Vermeidung von Energieverlusten

Empfehlung

Wärmedämmung nach Tabelle 23

W-I

Individuelle Berechnung

Individuelle Berechnung der Wärmedämmung für das Leitungsnetz nach 8.3.6.2.2.

Kommentierung:

Bei der Planung und Installation ist eine der drei zur Auswahl stehenden Kategorien (Spalte 1, Tabelle 22) festzulegen und auszuführen (W-K oder W-E oder W-I). Wenn zum Beispiel die Kategorie W-I gewählt wird, sind die Anforderungen der Kategorien W-K oder W-E nicht relevant.


4.2 Zu 8.3.6.2.2 Individueller Nachweis für die Wärmedämmung

In DIN 1946-6 heißt es unter 8.3.6.2.2:

Ein eventueller rechnerischer Nachweis der Eignung der Wärmedämmung ist entsprechend der anerkannten Regeln der Technik, z. B. DIN EN ISO 12241 bzw. VDI 2055 Blatt 1, unter Beachtung der folgenden Randbedingungen zu führen:

  • Kalte Leitungen: An der Außen‑Oberfläche sollte eine Luftfeuchte von 80 % nicht überschritten werden. Als erste Näherung sollte die Oberflächentemperatur bei maximalem Volumenstrom innerhalb der thermischen Hülle nicht unter 15 °C liegen.
  • Warme Leitungen: An der inneren Oberfläche sollte eine Luftfeuchte von 80 % nicht überschritten werden. Als erste Näherung darf die Oberflächentemperatur in Abluftleitungen und bei Feuchterück­gewinnung in Zuluftleitungen bei minimalem Volumenstrom (Teillast‑/Feuchte­schutzbetrieb) am Ende der Leitung nicht unter 14 °C liegen.
  • Außenlufttemperatur −14 °C; gilt auch als Rechenwert in Räumen < 0 °C.
  • Energetischer Aspekt: Die Änderung der Lufttemperatur in der Leitung sollte bei reduzierter Lüftung für die empfohlene Dämmung nicht mehr als 1 K, für die Mindestdämmung nicht mehr als 2 K betragen.
  • Vereinfachender Standardansatz: αi = 13 W/(m2K), αa, Konvektion = 3 W/(m2K).

Kommentierung:

Mit dem Begriff anerkannte Regeln der Technik ist an dieser Stelle gemeint, dass im Rahmen der planerischen Verantwortung geeignete Methoden ausgewählt werden können, die für den geforderten individuellen Nachweis geeignet sind. Von den aufgezählten Randbedingungen kann bzw. muss abhängig von Einbausituation und Umgebungsbedingungen (z. B. zu erwartende Außentemperatur) im Rahmen der planerischen Verantwortung unter Beachtung der Ziele (Kondensationsfreiheit und gewünschte Energieeinsparung) abgewichen werden.

Unabhängig von den sich ergebenden Dämmstärken ist die energetische Bewertung entsprechend EnEV (z. B. DIN V 18599 Teil 6) durchzuführen.

Für Luftheizanlagen sind die Mindestanforderungen EnEV/GEG einzuhalten.

5. 8.3.6.2.1 – Tabelle 23 Anforderungen für die Wärmedämmung von Luftleitungen für erhöhte Anforderungen Einblenden

Kommentierung: 

In der ersten Spalte der Tabelle 23 (Kategorie W-E) taucht der Begriff „Außenluft θAUL (dampfdicht)“ auf.

Für den hier verwendeten Begriff "dampfdicht" können keine Definitionen aus anderen Bereichen (z. B. diffusionsdichte Schicht aus DIN 4108-3) herangezogen werden. Vielmehr ist er zu sehen als eine Lösungsmöglichkeit zur Erreichung des Schutzziels, Schäden durch Kondensat und Korrosion zu vermeiden. Sofern eine schadensunkritische Aufnahme von Feuchte die Wärmeleitfähigkeit der Dämmung signifikant beeinflusst, ist dies zu berücksichtigen.

Für die Dämmung kalter Luftleitungen haben sich z. B. bewährt:

  • Geschlossenporige (Schaum-)dämmung mit hohem Diffusionswiderstand als Dämmung metallener Leitungen.
  • Leitungen mit geringem Diffusionswiderstand, die zur kalten Seite hin offen sind, so dass eine diffundierende Feuchte an den Außenluftvolumenstrom abgegeben werden kann.


6. 8.7.6.3 Dimensionierung des Luftleitungsnetzes – Tabelle 26 Luftgeschwindigkeiten im Luftleitungsnetz Einblenden

In DIN 1946-6 heißt es unter 8.7.6.3:

Zur Vermeidung eines unnötigen Energiebedarfes zur Förderung der Luftvolumenströme müssen die Luft­leitungen nach Tabelle 26 ausreichend groß bemessen werden.

Tabelle 26 – Luftgeschwindigkeit im Luftleitungsnetz

Luftleitungsnetz

Luftgeschwindigkeit m/s

Sammelleitungen für Lüftungsanlagen in Ein‑ und Mehrfamilienhäusern

≤ 5

sonstige Leitungen

≤ 3

Im Bereich der Luftauslässe sind aufgrund geringerer Schallemissionen Luftgeschwindigkeiten unterhalb von 3 m/s empfehlenswert.

Kommentierung:

In Tabelle 26 und Abschnitt 8.7.6.3. ist nicht erkennbar, auf welche Lüftungsstufe sich diese Anforderungen beziehen.

In Abschnitt 8.3.6.1. ist festgelegt, dass die Auslegung für die Nennlüftung erfolgen muss. Dies ist auch für Tabelle 26 anzusetzen.



7. 8.8 Inbetriebnahme und Übergabe und 8.8.4 Funktion Einblenden

In DIN 1946-6 heißt es unter 8.8.4:

Die Funktion der Lüftungsanlage ist durch Funktionsprüfungen und -messungen nachzuweisen. Es wird unabhängig vom Lüftungssystem eine Überprüfung der Luftdichtheit/Luftdurchlässigkeit des Gebäudes bzw. der Nutzungseinheiten nach DIN EN 13829:2001‑02 bzw. nach DIN EN ISO 9972:2018‑12 empfohlen.

Für Funktionsprüfungen/‑messungen müssen folgende Parameter gemessen und protokolliert werden:

  • Zu‑ und Abluftvolumenströme bei Nennlüftung an allen Luftdurchlässen, dies kann lediglich bei nachgewiesenen Produkteigenschaften von Einzelraum‑Lüftungs­geräten und Abluft‑Herdhauben entfallen.

Anmerkung dazu:

Die DIN 1946-6 fordert kein bestimmtes Messverfahren für die Luftvolumenstrommessung (Beispiele liefert die DIN EN 14134).

Kommentierung:

Grundsätzlich ist im Abschnitt 8.8. die DIN EN 14134 mitgeltend (siehe auch 8.8.1. und 8.8.3.). Der entsprechende Verweis fehlt in Abschnitt 8.8.4., aber die DIN EN 14134 ist auch an dieser Stelle mitgeltend.

Für die Inbetriebnahme von Lüftungsanlagen nach DIN 1946-6 sollten die nachgewiesenen Produkteigenschaften herangezogen werden. Die Stichprobenprüfung ist gemäß EN 14134, 5.3. zu vereinbaren. Die DIN 1946-6 fordert kein bestimmtes Messverfahren für die Luftvolumenstrommessung (Beispiele liefert die DIN EN 14134).

8. Auslegung von raum- bzw. zonenweise bedarfsgeführten Lüftungssystemen ohne Mehrfachnutzung Einblenden

Nach DIN 1946-6 muss die Auslegung von ventilatorgestützten Lüftungssystemen mindestens nach Nennlüftung erfolgen. Hinsichtlich der Verteilung des nach Nennlüftung definierten Außenluftvolumenstroms durch lüftungstechnische Maßnahmen auf die einzelnen Zuluft- und Ablufträume bestehen in der Norm aber bestimmte Freiheitsgrade.

Wie kann die Auslegung für raum- bzw. zonenweise bedarfsgeführte Lüftungssysteme erfolgen, bei denen keine Mehrfachnutzung der Luft nach DIN 1946-6, Abschnitt 5.2.2 (also Luftüberströmung von Zulufträumen in Ablufträume) erfolgt?

Kommentierung:

Der Gesamt-Außenluftvolumenstrom für ventilatorgestützte Lüftung wird nach DIN 1946‑6:2019, Gleichung 28, unter Berücksichtigung von Anforderungen an die Nutzungseinheit (in Abhängigkeit von deren Fläche) und an Ablufträume (in Abhängigkeit von deren Anzahl und Nutzung) gestellt. Darüber hinaus wird durch eine Verlinkung zu DIN EN 15251 (jetzt DIN EN 16798-1) auf europäische Anforderungen verwiesen (z.B. in Tabelle 7, Fußnote e, Kategorie I bis II mit 7 bis 10 l/(s*Pers.) bzw. 25 bis 36 m³/(h*Pers.) und in Tabelle 17, Fußnote für Schlafräume mindestens Kategorie III mit 4 l/(s*Pers.) bzw. 15 m³/(h*Pers.)), die ebenfalls einzuhalten sind.

Für raum- bzw. zonenweise bedarfsgeführte ventilatorgestützte Lüftungssysteme ohne Mehrfachnutzung der Luft muss durch die Auslegung gewährleistet werden, dass

- für gebäude- und wohnungszentrale Lüftungskomponenten (z.B. Lüftungsgerät für eine Nutzungseinheit):

• mindestens der notwendige Außenluftvolumenstrom für Nutzungseinheiten für die Nennlüftung nach Gleichung 28 sichergestellt wird und

• Anforderungen an innenliegende Räume nach DIN 18017-3 sowie nach der Bauaufsichtlichen Richtlinie über die Lüftung fensterloser Küchen, Bäder und Toilettenräume in Wohnungen eingehalten werden und

- für raumweise Lüftungskomponenten (z.B. Luftdurchlässe oder raumweise Lüftungsgeräte):

• in jedem Raum entsprechend seiner grundsätzlichen Zuordnung als Abluft- oder Zuluftraum mindestens der Luftvolumenstrom nach Tabelle 16 oder nach Tabelle 17 sichergestellt wird und

• in jedem Raum bzw. in jeder Zone die Anpassung des Luftvolumenstroms an den Bedarf möglich ist.

Unabhängig von der Auslegung von ventilatorgestützten Lüftungssystemen definiert DIN 1946-6:2019, dass ventilatorgestützte Systeme mit Bedarfsführung im Betrieb den Bereich zwischen Lüftung zum Feuchteschutz und Nennlüftung abdecken müssen (siehe Abschnitt 8.2.1).

9. Zusammenspiel Richtlinie und DIN 1946-6 Einblenden

Frage:

Derzeit stoßen wir bei der Anwendung der DIN 1946-6 zur Auslegung einer kontrollierten Wohnraumlüftung (mechanische Zu- und Abluft) im Zusammenspiel mit den Anforderungen der bauaufsichtlich eingeführten DIN 18017-3 und der ebenfalls bauaufsichtlich eingeführten Richtlinie über die Lüftung fensterloser Küchen, Bäder und Toilettenräume in Wohnungen auf ein Auslegungsproblem, das wir bei dem Versuch einer parallelen Berücksichtigung der verschiedenen Normen nicht abschließend klären können.

Ich schildere anbei kurz die wiederholt auftretende Problematik anhand eines konkreten Beispiels. Gegeben sei eine Wohnung mit 50 m², mit einem innenliegenden Bad, einem innenliegenden WC und einer Kochnische ohne direkte Fensterzuordnung. Die Wohnung soll mit einer kontrollierten Wohnraumlüftung mit Zu- und Abluft ausgestattet werden, an die auch die innenliegenden Bereiche angeschlossen werden.

Unter Zugrundelegung der Anforderungen aus DIN 18017-3 ergibt sich für den Betriebsfall R-BD (bedarfsabhängig mit Dauerbetrieb) ein Auslegungsvolumenstrom für das Bad von 40 m³/h und für das WC von 20 m³/h. Aus der Richtlinie ergibt sich für die Kochnische für den Betriebsfall B ein Volumenstrom von 60 m³/h, in Summe also 120 m³/h. Hinweis: die Anlage soll mit einem Feuchtesensor ausgestattet werden, der bei Feuchteanfall im Bad, WC oder in der Kochnische die Anlage auf Nennlüftung hochfährt. Ansonsten soll die Anlage in einer niedrigeren Lüftungsstufe betrieben werden.

Gemäß DIN 1946-6, Tab. 16 wäre die Nennlüftung zunächst anhand der Abluftvolumenströme mit 20 + 40 + 40 m³/h=100 m³/h zu bestimmen. Hier ergibt sich bereits die erste Abweichung gegenüber den Regelungen der bauaufsichtlich eingeführten Richtlinie, die für den skizzierten Betriebsfall einen höheren Luftvolumenstrom für die Kochnische vorsehen würde.

Gemäß Gleichung 28 wird allerdings nicht diese Nennlüftung zur Bemessung der Lüftungsanlage selbst und deren Einzelkomponenten verwendet, sondern es ist von einem Gesamtaußenluftvolumenstrom der Nennlüftung q,v,ges,NL auszugehen, der sich wie folgt bestimmt:

qv,ges,NL=max(65, min (100 m³/h; 1,2*65))=78 m³/h wobei der Wert 65 m³/h aus Tab. 7 bestimmt wurde.

Damit liegt der Außenluftvolumenstrom der Nennlüftung qv,ges,NL mit lediglich ca. 80 m³/h erheblich unter den Anforderungen, die sich aus der DIN 18017-3 und der Lüftungsrichtlinie ergeben.

Ich möchte ergänzen, dass es sich um bauaufsichtlich eingeführte Normen handelt, die aus meiner Sicht daher zwangsweise zu berücksichtigen sind. Im Gegensatz dazu dürfte die 1946-6 „lediglich“ den Status einer allgemeinen anerkannten Regel der Technik haben.

Im Abs. 8.1.6 verweist die DIN 1946-6 darauf, dass "Ventilatorgestützte Abluftsysteme und Zu-/Abluftsysteme erfüllen die Anforderungen an die bauaufsichtlich geforderte wirksame Lüftung von fensterlosen Räumen, wenn sie entsprechend den Anforderungen nach DIN 18017-3 bzw. der bauaufsichtlichen Richtlinie zur Lüftung fensterloser Küchen, Bäder und Toiletten betrieben werden."

Im Einzelnen ergeben sich daraus folgende Fragen:

  1. Welcher Volumenstrom muss jetzt für die Auslegung der Lüftungsanlage zu Grunde gelegt werden; der Luftvolumenstrom, der sich aus den Anforderungen der DIN 18017-3 und der Lüftungsrichtlinie ergibt, oder der geringere Luft-Volumenstrom aus DIN 1946-6?
  2. Sofern der Volumenstrom aus DIN 1946-6 zugrunde gelegt wird: welche Abluftvolumenströme müssen dann für die innen liegenden Bereiche angesetzt werden? Die Nennabluftvolumenströme nach DIN 18017-3 anteilig reduziert um den insgesamt geringeren Volumenstrom also zum Beispiel 40m³/h/* 80m³/h/120 m³/h= 26,6 m ³/h? Wird mit diesem geringeren Volumenstrom nicht explizit gegen Anforderungen einer bauaufsichtlich eingeführten Richtlinie verstoßen?
  3. Welche Lüftungsstufen können dann beispielsweise bei einem mehrstufigen Betriebsschalter dem Nutzer überhaupt eingestellt werden? Muss zum Beispiel bei der Lüftungsstufe „Lüftung zum Feuchteschutz“ nach DIN 1946-6 nicht zusätzlich überprüft werden, dass die Mindestanforderungen von 15 m³/h bzw. 7,5 m³/h im Dauerbetrieb aus DIN 18017-3 auch eingehalten werden. Dies kann dazu führen, dass zum Beispiel eine Lüftungsstufe benötigt wird, die oberhalb der Lüftung zum Feuchteschutz liegt. Im obigen Beispiel zum Beispiel 15m³/h/26,6 m³/h=56%.  
  4. Was beinhaltet der Begriff „betrieben“ in dem oben zitierten Absatz? Wird hier auf Luftmengenanforderungen aus anderen Richtlinien verwiesen, oder soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass damit die in DIN 18017-3 und Lüftungsrichtlinie geforderten Regelungsarten eingehalten werden müssen? Sofern damit die Regelungsraten gemeint sind, ergibt sich allerdings zwangsweise die Frage wie diese mit den vorgesehenen Lüftungsstufen nach DIN 1946-6 konform gehen können? Im schlimmsten Fall ist mit betrieben sogar gemeint, dass die Luftvolumenströme in den innenliegenden Bereichen trotzdem sichergestellt werden müssen, d. h. es müsste eine raumweise bedarfsgeführte Regelung installiert werden, die raumweise garantiert, dass die Nennvolumenströme aus den beiden anderen Richtlinien im Bedarfsfall erreicht werden können, also die Balance der Anlage im Betrieb innerhalb einer Wohnung verändern können. So etwas ist meines Wissens nach derzeit nicht technisch verfügbar.


Die oben geschilderte Problematik hat in der Praxis m.E. erhebliche Relevanz, da bei der Auslegung von Lüftungsanlagen in Wohnräumen dadurch nicht unerhebliche Haftungsrisiken auf die Beteiligten zukommen und zudem zumindest bei den Fachleuten in meinem Umkreis (Hersteller, Fachplaner, Bauunternehmen) diese Problematik zunächst nicht auflösbar scheint bzw. im Planungsalltag einigen scheinbar auch gar nicht wirklich bewusst ist.

Ich würde mich hier über eine Klarstellung freuen, wie bei Anwendung der DIN 1946-6 die zusätzlichen Anforderungen aus den eingeführten Baubestimmungen der DIN 18017-3 und der Lüftungsrichtlinie normkonform und eindeutig erfüllt werden können.


Kommentierung:

Für Wohnungen mit innenliegenden Küchen, Bädern und Toilettenräume sind bei der Auslegung von Lüftungssystemen zu beachten

  • die Bauaufsichtliche Richtlinie über die Lüftung fensterloser Küchen, Bäder und Toilettenräume in Wohnungen (aktueller Stand Juli 2010)
  • die DIN 18017-3 „Lüftung von Bädern und Toilettenräumen ohne Außenfenster – Teil 3: Lüftung mit Ventilatoren“ (aktueller Stand Mai 2020)
  • die DIN 1946-6 „Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen an die Auslegung, Ausführung, Inbetriebnahme und Übergabe sowie Instandhaltung“ (aktueller Stand Dezember 2019)

Bauaufsichtlich eingeführt ist die Richtlinie, die die DIN 18017-3 mit dem veralteten Stand von Mai 2009 in Bezug nimmt. Selbstverständlich muss diese bauaufsichtlich eingeführte Richtlinie eingehalten werden. Grundsätzlich lassen sich zunächst folgende Punkte festhalten:

  1. Eine Küche oder Kochnische ist fensterlos, wenn sie durch eine verschließbare Innentür von öffenbaren Fenstern getrennt ist. Ist dies nicht der Fall, spielt auch der Abstand zum nächstgelegenen Fenster für die Einordnung als nicht fensterlose Küche / Kochnische keine Rolle. Eine „direkte Fensterzuordnung“ ist also im Sinne der Richtlinie bzw. der Musterbauordnung unerheblich.
  2. Für fensterlose Bäder und Toilettenräume (Einordnung als fensterlos siehe Punkt 1) werden nach der Richtlinie 2 Betriebsfälle unterschieden. Betriebsfall A fordert in Verbindung mit einer nutzungsunabhängigen Betriebsdauer von mindestens 12 Stunden pro Tag und einer möglichen Stoßlüftung einen realisierbaren Luftvolumenstrom von 40 m³/h für fensterlose Bäder und von 20 m³/h für fensterlose Toilettenräume. Betriebsfall B fordert in Verbindung mit einer nutzungsabhängigen Betriebsdauer und einer möglichen Stoßlüftung einen realisierbaren Luftvolumenstrom von 60 m³/h für fensterlose Bäder und von 30 m³/h für fensterlose Toilettenräume. Betriebsfall B zielt dabei offensichtlich auf Lüftungssysteme ab, die nutzerabhängig längere Zeiträume abgeschaltet werden können, also z.B. lichtschaltergekoppelte Lüftungen (siehe Kategorie R-PN nach DIN 18017-3:2020). Dauerhaft betriebene Lüftungssysteme (siehe z.B. Kategorie R-BD nach DIN 18017-3:2020 sind hingegen nutzungsunabhängig 24 Stunden am Tag in Betrieb und fallen somit unter Betriebsfall A.

Was bedeutet das nun für die geschilderte Konstellation?

Unter Einhaltung aller Anforderungen aus der bauaufsichtlichen Richtlinie, aus DIN 18017-3 sowie aus DIN 1946-6 sind bei der Auslegung der Lüftung hinsichtlich der Ablufträume zunächst folgende Volumenströme einzuhalten:

  • fensterloses Bad: 40 m³/h
  • fensterloses WC: 20 m³/h
  • Kochnische (mit Fenster): 40 m³/h

Außerdem greift nach DIN 1946-6 insbesondere in kleinen Wohnungen mit vielen Ablufträumen (wie in der vorliegenden Konstellation) regelmäßig die sogenannte „Gleichzeitigkeit“ (siehe DIN 1946-6:2019, Gleichung 28 sowie Tabelle 16), wonach in der (nicht fensterlosen!) Kochnische eine Reduzierung des Luftvolumenstroms auf 50%, also auf 20 m³/h, zulässig ist.

Letztendlich muss also die Auslegung für den beschriebenen Grundriss (50m², 1 innenliegendes Bad, ein innenliegendes WC, Kochnische mit Fenster) nach DIN 1946-6:2019, Gleichung 28 und Tabelle16 für Nennlüftung mindestens für einen Außenluftvolumenstrom von 80 m³/h (Bad 40 m³/h, WC 20 m³/h, Küche 20 m³/h sowie Flächenanforderung 65 m³/h) erfolgen, womit auch die Anforderungen der DIN 18017-3:2020 (z.B. bedarfsgeführt mit Kategorie R-BD) und der Bauaufsichtlichen Richtlinie über die Lüftung fensterloser Küchen, Bäder und Toilettenräume in Wohnungen, aktueller Stand Juli 2010 (Betriebsfall A durch durchgängigen Betrieb der Lüftungsanlage mit 24 h/d und Stoßlüftung z.B. durch Feuchteregelung des Abluftvolumenstroms im innenliegenden Bad und im innenliegenden WC) erfüllt werden.

Unabhängig von dieser so definierten Auslegung des Lüftungssystems ist natürlich ein bedarfsgeführter Betrieb der Lüftung zulässig, der eine bedarfsgeführt geregelte Reduzierung des Luftvolumenstroms bis zur Lüftung zum Feuchteschutz unter Beachtung der Mindestanforderungen der DIN 18017-3:2020 zulässt. Typisch wäre in der beschriebenen Konstellation ein Mindestwert von 24 m³/h (Neubau und hohe Belegung mit fLSt = 0,3 sowie mindestens 15 m³/h für das innenliegende Bad und mindestens 7,5 m³/h für das innenliegende WC).