FAQ zum AI Act und KI-Normung in Europa

Prozesse, Planungsstand und Perspektiven

Personen um einen Arbeitsplatz, die gemeinsam auf einen Bildschirm schauen
© AdobeStock: Gorodenkoff

Im August 2024 ist der AI Act – die KI-Verordnung der EU – in Kraft getreten, der unter anderem Anforderungen an KI-Systeme formuliert. Harmonisierte europäische Normen sollen diese Anforderungen künftig technisch konkretisieren. Die europäischen Normungsorganisationen erarbeiten diese Normen, in Deutschland übernehmen DIN und DKE die Koordination.

In dieser Übersicht finden Sie häufig gestellte Fragen und Antworten rund um den Prozess. 

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Wie läuft der europäische Normungsprozess ab? Schließen

Wie läuft der europäische Normungsprozess ab? 

Die Erarbeitung von Normen folgt einem festen Prozess. Zu Beginn steht ein Normungsauftrag (Standardization Request) an die europäischen Normungsorganisationen. Die Organisationen stimmen mehrheitlich über solche Aufträge ab. Eine ausreichende Zahl der nationalen Normungsorganisationen muss sich zur Mitarbeit verpflichten.  

Im Falle der KI-Verordnung hat die EU-Kommission den Normungsauftrag vergeben. CEN (das Europäische Komitee für Normung) und CENELEC (das Europäische Komitee für elektrotechnische Normung) haben die Aufgabe übernommen und einen gemeinsamen Ausschuss gebildet, das Joint Technical Committee 21 Artificial Intelligence (JTC 21).  

Innerhalb dieses Ausschusses erarbeiten Expertinnen und Experten der nationalen Normungsorganisationen in Arbeitsgruppen erste Entwürfe für die neuen Normen. Sogenannte Spiegelgremien in den EU-Mitgliedsstaaten arbeiten diesen Arbeitsgruppen zu. Im JTC 21 sind fünf Arbeitsgruppen aktiv. In Deutschland werden sie durch die Arbeitskreise des DIN/DKE Gemeinschaftsarbeitsausschusses „Künstliche Intelligenz“ (NA 043-01-42 GA) gespiegelt. 

Haben sich die Arbeitsgruppen auf einen Entwurf geeinigt, folgt die öffentliche Entwurfsumfrage, bei der eine Kommentierung nach einem formellen Verfahren möglich ist; die Arbeitsgruppen müssen anschließend alle Kommentare behandeln. 

Parallel findet die Begutachtung und anschließend die Harmonisierung durch die EU-Kommission statt.  

Anschließend veröffentlichen die Normungsorganisationen die Norm und übermitteln sie an die Europäische Kommission, die final über die Listung im Amtsblatt entscheidet.  

Wie arbeiten die EU-Mitglieder bei der europäischen Normung zusammen? Öffnen

Wie arbeiten die EU-Mitglieder bei der europäischen Normung zusammen? 

Bereits im Mai 2023 hat die Europäische Kommission einen Normungsauftrag an das CEN vergeben. CEN arbeitet mit CENELEC zusammen. Gemeinsam wurde das Joint Technical Committee 21 Artificial Intelligence (JTC 21) gebildet, das größte Standardisierungsgremium Europas mit mehr als 140 Expertinnen und Experten aus 25 Ländern. Den Vorsitz und die Leitung hat dänische Normungsinstitut Danish Standards übernommen.  

Die Arbeitsgruppen auf europäischer Ebene werden durch die Normungsorganisationen auf nationaler Ebene gespiegelt. Auf diese Weise können alle an einem Normungsthema Interessierten ihre Meinung ohne Sprachbarrieren einbringen. Insgesamt sind dadurch europaweit mehr als 600 Expertinnen und Experten am Normungsprozess beteiligt. Diese breite Beteiligung ist wichtig, damit die nationalen Interessen im Erarbeitungsprozess qualifiziert und frühzeitig vertreten sind und die Normen später am Markt auch akzeptiert werden.

Welche Rolle übernimmt DIN? Öffnen

Welche Rolle übernimmt DIN? 

Bei CEN und CENELEC bzw. dem JTC 21, das als europäisches Gremium die harmonisierten Normen erarbeitet, gilt das nationale Delegationsprinzip. Sogenannte Spiegelgremien erarbeiten in den Mitgliedsländern die nationalen Stellungnahmen. In Deutschland haben DIN und DKE diese Aufgabe übernommen. Als neutraler Partner mit langjähriger Expertise in der Normungsarbeit steuern DIN und DKE diesen Prozess effizient, bündeln als Plattform die Interessen und Anliegen deutscher Unternehmen und Stakeholder und bringt sie auf europäischer Ebene ein. Dabei setzen sich DIN und DKE für eine Beschleunigung der Prozesse ein.  

Welche Akteure sind an der Ausarbeitung der Normen beteiligt? Öffnen

Welche Akteure sind an der Ausarbeitung der Normen beteiligt? 

Die Ausarbeitung von Normen folgt einem integren, strukturierten Prozess, der eine breite Beteiligung relevanter Stakeholder ermöglicht. Neben Unternehmen sind Fachleute aus den Bereichen Wissenschaft, Verbraucherschutz bzw. Zivilgesellschaft und Interessensgruppen eingeladen, auf den verschiedenen Ebenen mitzuwirken. Durch die breite Beteiligung und das Konsensprinzip fließen auch die Ergebnisse gesellschaftlicher Diskussionen und Aushandlungsprozesse in den Normungsprozess ein. DIN schlüsselt die Zusammensetzung der Normungsausschüsse nach Branchen auf und plant, die Namen der Mitglieder künftig zu veröffentlichen.  

Wie können sich Unternehmen und Zivilgesellschaft konkret einbringen? Öffnen

Wie können sich Unternehmen und Zivilgesellschaft konkret einbringen? 

Grundsätzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich einzubringen:  

  1. Kommentierung der öffentlichen Norm-Entwürfe: Haben die Arbeitsgruppen einen ersten Entwurf für eine Norm erarbeitet, wird dieser über das Norm-Entwurfsportal auch in deutscher Übersetzung veröffentlicht. Interessierte können ihr Fachwissen einbringen und die Inhalte kommentieren, eine konstruktive Mitarbeit ist ausdrücklich gefragt. DIN und DKE informieren regelmäßig über Termine und Fristen.
    Entdecken Sie hier das Norm-Entwurfsportal
     
  2. Mitwirkung im nationalen Normungsgremium: Wer Teil des zuständigen nationalen Spiegelgremiums bei DIN und DKE ist, kann die Inhalte der Normen gemeinsam mit weiteren Expertinnen und Experten diskutieren, die Ausarbeitung begleiten und bereits vor Veröffentlichung der ersten Entwürfe kommentieren. Die Mitgliedschaft steht allen Interessierten offen. DIN sichert Transparenz darüber zu, wer sich konkret an diesen Gremien beteiligt und gewährleistet, dass dies niedrigschwellig möglich ist. Für mittelständische Unternehmen ist die Mitarbeit zum Beispiel über eine DIN-Mitgliedschaft zu einem reduzierten Beitrag, über Verbände oder ggf. mithilfe öffentlicher Fördermittel möglich.
    Erfahren Sie mehr über die Arbeit des DIN/DKE Gemeinschaftsarbeitsausschusses Künstliche Intelligenz
     
  3. Eine dritte Option ist die Mitarbeit auf europäischer Ebene. Diese ist über eine Entsendung aus dem nationalen Gremium (hier: dem Gemeinschaftsarbeitsausschuss) möglich. 
    Erfahren Sie mehr über das europäische Gremium CEN/CLC JTC 21 Künstliche Intelligenz.
Wo stehen wir aktuell in diesem Prozess? Öffnen

Wo stehen wir aktuell in diesem Prozess?  

Stand Juni 2025 läuft die Ausarbeitung der Arbeitsentwürfe für insgesamt neun eigenständige harmonisierte Europäische Normen: Entweder werden dafür gerade erste Arbeitsentwürfe erstellt oder diese liegen bereits intern vor und die Arbeitsgruppen besprechen und bearbeiten bereits die internen Kommentare.  

Auf diese Phase folgt die öffentliche Konsultation. Diese erfolgt Schritt für Schritt bzw. Norm für Norm. Die ersten Entwürfe werden voraussichtlich ab Herbst 2025 veröffentlicht. Da einige Normenentwürfe erst später begonnen wurden, wird auch deren Konsultation später starten. 

Auf die öffentliche Konsultation folgt die Diskussion und Bearbeitung der Kommentare, eine Editierphase und anschließend eine finale Abstimmung der Beteiligten. Erst dann kann die Veröffentlichung eingeplant werden. Zurzeit ist geplant, dass die ersten Normen ab Herbst 2026 veröffentlich werden. 

Warum werden die Normen erst ab 2026 veröffentlicht? Öffnen

Warum werden die Normen erst ab 2026 veröffentlicht? 

Europa übernimmt mit dem ersten Rechtsakt für vertrauenswürdige KI-Systeme weltweit eine Pionierrolle. Die Ausarbeitung der Normen, die die Anforderungen technisch definieren, folgt einem transparenten vorgegebenen Verfahren. Die Verantwortlichen haben die Relevanz dieser Aufgabe früh erkannt und ab 2021 erste Vorabdiskussionen geführt. 

Die harmonisierten Europäischen Normen sollen künftig in allen EU-Mitgliedsstaaten gelten. Der Prozess ist entsprechend komplex, die Anzahl der Beteiligten hoch: Wichtig ist, dass im Rahmen des CEN/CLC JTC 21 in allen Ländern parallel dieselben Schritte erfolgen. Europaweit arbeiten dabei so viele Expertinnen und Experten zusammen an einem Normungsvorhaben wie noch nie zuvor. Für viele von ihnen ist es das erste Mal, dass sie an einem solchen Prozess beteiligt sind. Zugleich müssen die Fachleute einen hohen Spezialisierungsgrad aufweisen, die Ressourcen sind also beschränkt. In Deutschland tragen DIN und DKE mit effizienter Organisation zur Beschleunigung des Verfahrens bei. 

Weil das Konsensprinzip gilt, in den Gremien aber auch unterschiedliche Vorstellungen etwa von Wirtschaft und Zivilgesellschaft aufeinandertreffen, ist das Verfahren aufwändig. Die komplexe Architektur der Anforderungen führt zudem dazu, dass eine Vielzahl an technischen Spezifikationen ausgearbeitet werden muss. Aktuell sind parallel neun eigenständige europäische Normen in der Ausarbeitung, wobei teilweise noch sehr unterschiedliche Vorstellungen unter den Fachleuten zu den Zielen und Inhalten der einzelnen Projekte herrschen.  

Warum dauert es vom Entwurf bis zur Veröffentlichung der Norm so lange? Öffnen

Warum dauert es vom Entwurf bis zur Veröffentlichung der Norm so lange? 

Auf die Veröffentlichung der Entwürfe folgt die öffentliche Konsultation. Sämtliche Länder bzw. nationalen Standardisierungsorganisationen können kommentieren. Dann müsse alle Kommentare gesichtet und gegebenenfalls vorbewertet werden. Anschließend wird über jeden Kommentar im Konsens entschieden, erstens über die Umsetzung und zweitens über die konkrete Ausformulierung. Weil die Standpunkte und entsprechend auch die Kommentierungen sehr unterschiedlich ausfallen, ist diese Konsensfindung komplex. Abschließend stimmen die Länder nicht-öffentlich über den konsolidierten Schlussentwurf ab und ob dieser als Norm veröffentlicht werden soll. 

Wie sieht der neue Zeitplan aus: Wann können Unternehmen die Entwürfe einsehen, wann die Normen? Öffnen

Wie sieht der neue Zeitplan aus: Wann können Unternehmen die Entwürfe einsehen, wann die Normen? 

Der derzeitige Zeitplan sieht vor, dass die ersten Entwürfe der Normen für Hochrisiko-KI-Systeme ab Herbst 2025 veröffentlicht und kommentiert werden können. Dieser Prozess ist aufwändig und komplex. Eine Veröffentlichung der Schlussentwürfe dürfte dann ab August 2026 erfolgen. Insgesamt werden aktuell neun Normen erarbeitet.