Verleihung der Beuth-Denkmünze
Joachim Pollehn hat sich während seiner langjährigen Mitarbeit beim DIN in nationalen und europäischen Normungsgremien beispielhafte Verdienste erworben. Es begann im Jahr 1993 mit seiner Aufnahme in den Arbeitsausschuss NA 057-03-02 AA "Düngemittel" des Normenausschusses Lebensmittel und landwirtschaftliche Produkte (NAL).
Auf der Grundlage der Ausbildung als Diplom-Agraringenieur ist sein fachliches Schwerpunktthema seit Jahrzehnten das Thema Düngekalk. Bereits in seiner Diplomarbeit hatte er sich dem Thema „Modellversuche zur Beurteilung von Kalkwirkungen auf die Bodenstruktur“ gewidmet.
Folgerichtig strebte er eine Mitarbeit in der gleichnamigen Arbeitsgruppe WG 3 des CEN/TC 260 "Düngemittel und Calcium-/Magnesium-Bodenverbesserungsmittel" an und wirkte dort ab 1993 als Experte mit. Hier unterbreitete er sein Fachwissen auf eine Art und Weise, die ihm große Wertschätzung und Vertrauen innerhalb der Arbeitsgruppe einbrachte. Das Arbeitsprogramm wurde maßgeblich durch ihn und damit von deutscher Seite mitbestimmt. Im September 2001 wurde er zum Convenor der WG 3 gewählt. Er prägte die Arbeitsatmosphäre innerhalb der WG 3 mit seiner ausgleichenden Persönlichkeit, führte die Beteiligten trotz unterschiedlicher Interessen zum Konsens und formte eine stabile Arbeitsgruppe, die sich seit vielen Jahren aus sehr aktiven und kompetenten Experten zusammensetzt.
Am 4. Juni 2003 wurde Herr Pollehn zum Chairman des CEN/TC 260 gewählt. Die Beweggründe, ihn für die Wahl zu nominieren, lagen neben seinen Verdiensten um die Normung im Kalkbereich vor allem in der Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), seinen Aktivitäten in der Fachgruppe Düngemittel des VDLUFA Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten e. V. (Sprengel-Liebig-Medaille 2011), seinem Engagement bei der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) (Max-Eyth-Denkmünze in Silber) sowie in zahlreichen weiteren Organisationen. Insbesondere hat sein Wirken wesentlich dazu beigetragen, zwischen VDLUFA und DIN eine tragfähige neue Basis der Zusammenarbeit zu schaffen. Für VDLUFA-Methoden zur Düngemitteluntersuchung, deren Erarbeitung und Validierung bis dahin unabhängig von der Normung erfolgte, wurde der Weg in die europäische Normung geebnet. Beide Partner profitieren, indem VDLUFA-Methoden nicht verloren gehen, sondern als Europäische Normen europaweit Anwendung finden. Doppelarbeit wird vermieden und dies spielt eine immer stärkere Rolle, da die finanziellen und auch personellen Ressourcen bei der Erstellung und Validierung von Analysenmethoden zunehmend begrenzt sind.
Am 20. Juni 2003, also fast zeitgleich mit der Wahl zum Chairman, erfolgte die Erteilung des Mandats M/335 durch die Europäische Kommission und die Europäische Freihandelszone (EFTA) an CEN/TC 260. Herr Pollehn begleitete und unterstützte von Beginn an die Mandatsarbeit sowie die Gestaltung der Arbeitsprogramme und die Finanzierung durch die Europäische Kommission/EFTA. Im Jahr 2006 wurde ein weiteres Mandat erteilt, so dass unter seiner Leitung als Chairman des CEN/TC 260 bisher über 50 Europäische Normen und Technische Spezifikationen im Rahmen der Mandate M/335 und M/418 herausgegeben werden konnten.
In seinem gesamten Verantwortungsbereich, vor allem jedoch im CEN/TC 260 und in der DG-Enterprise WG "Fertilisers" auf EU-Ebene, hat Herr Pollehn immer wieder Überzeugungsarbeit geleistet und nie die mitunter auch kritische Auseinandersetzung gescheut. Mit Fachkompetenz verbunden mit Verhandlungsgeschick, Sachlichkeit und Ausdauer hat Herr Pollehn Voraussetzungen für eine noch stärkere Zusammenarbeit zwischen DIN, CEN und Europäischer Kommission geschaffen. Die Tätigkeit des CEN/TC 260 hat unter seiner Leitung hohe Anerkennung bei den entsprechenden Partnern der Europäischen Kommission erhalten und das Ansehen von CEN und DIN gestärkt. Die derzeit in Arbeit befindliche neue Europäische Düngemittelverordnung ist auf dem Weg, eine "New Approach" Verordnung zu werden. Auch hierbei machte Herr Pollehn seine Erfahrung und seinen Einfluss in starkem Maße geltend. Es wurde der entscheidende Grundstein gelegt, damit die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und CEN in eine neue Runde auf der Basis neuer Normungsaufträge, auch über CEN/TC 260 hinaus, starten kann.
Seinem Einfluss ist es letztendlich auch zu verdanken, dass die Düngekalke auf europäischer Ebene mehr Aufmerksamkeit und Akzeptanz neben den klassischen Mineraldüngemitteln erlangen konnten. Im Ergebnis seiner diesbezüglichen Aktivitäten gemeinsam mit den Experten der WG 3 wurde 2013 die Europäische Verordnung (EG) Nr. 2003/2003 dahingehend geändert, dass die Mindestanforderungen an Düngekalke mit den entsprechenden Typenlisten aufgenommen wurden. Dieser herausragende Verdienst ist vor allem das Ergebnis Herrn Pollehns nachdrücklichen Wirkens und es ist unzweifelhaft von hoher wirtschaftlicher Tragweite. 25 Jahre zuvor hätte niemand die Aufnahme der Düngekalke in die EU-Düngemittelverordnung Nr. 2003/2003 für möglich gehalten.
Neben seinen Aktivitäten auf europäischer Ebene hat Herr Pollehn auch wesentlich zur Stärkung des Fachbereiches Landwirtschaft im Beirat des Normenausschusses Lebensmittel und landwirtschaftliche Produkte beigetragen. Von 2002 bis 2012 vertrat er in diesem Gremium die Belange des landwirtschaftlichen Normungssektors und ganz besonders den Bereich Düngemittel. Da Herr Pollehn gern auch einmal über den Tellerrand der Kalkindustrie hinausblickte, brachte er so manche Anregung und Information aus der Welt der Lebensmittelnormung in seinen Fachbereich ein.
Herr Pollehn hat am 1. Januar 2012 die Geschäftsleitung der Düngekalk Hauptgemeinschaft im Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie, für die er seit Abschluss seines Studiums 1974 arbeitete und deren Geschäftsleitung er seit 1993 inne hatte, abgegeben und ist in den Ruhestand getreten. Er war jedoch bis Juni 2013 weiterhin in der Normung und in der Arbeitsgruppe Düngemittel der DG Enterprise der Europäischen Kommission aktiv.
Als Zeichen des Dankes und der Anerkennung für seine Verdienste um die Normung wurde Herrn Pollehn am 18. September 2013 auf dem 125. VDLUFA-Kongress in Berlin die Beuth-Denkmünze durch Herrn Dr.-Ing. Albert Hövel, Leiter der Technischen Abteilung 1, verliehen.