Europäische Normung aus Sicht der Parteien und Kandidat*innen
Zwischen dem 6. und 9. Juni gehen rund 350 Millionen wahlberechtigte Bürger*innen aus 27 Ländern der Europäischen Union an die Wahlurne, um ein neues Europäisches Parlament zu wählen. Ungeachtet ihrer bescheidenen Medienpräsenz kommt der Europäischen Union sowohl in der technischen als auch in der politischen Regelsetzung eine bedeutende Rolle zu: In einigen Politikfeldern, wie etwa der Agrar- und Umweltpolitik, gehen mittlerweile mehr als 85% der nationalen Gesetze auf Legislativakte des europäischen Gesetzgebers zurück, während 80% der nationalen Projekte von DIN einen europäischen oder internationalen Hintergrund besitzen.
Wie blicken die Parteien und ihre Kandidat*innen auf die Europäische Normung? Zur Beantwortung dieser Frage versandten DIN und die Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE (DKE) Wahlprüfsteine an die im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien und fragten zudem ihre Kandidat*innen nach ihren normungspolitischen Standpunkten.
Mehr zur Europäischen Normung, den Blick von DIN auf das Europawahljahr sowie zur Einschätzung der Parteien und Kandidat*innen hinsichtlich Normung und Standardisierung gibt es in der Juni-Ausgabe der DIN-Mitteilungen.
Antworten der Parteien auf unsere Wahlprüfsteine
1. Welche Bedeutung haben Normung und Standardisierung aus Ihrer Sicht für den Wirtschaftsstandort Europa, den europäischen Binnenmarkt, die digitale und grüne Transformation und unsere digitale Souveränität?
„Normen und Standards sind ein etabliertes und zentrales Instrument der gemeinsamen Regulierung durch Politik und Unternehmen. Sie sind zentral für die Erreichung unserer politischen Ziele, da sie die technischen und operativen Spielregeln der Wirtschaft bilden und Regulatorik dadurch erst mit Leben füllen. Wir sehen Standardisierungsgremien und -zusammenarbeit mit Wirtschaft und Forschung als unterschätztes Instrument der Wirtschaftspolitik und wollen sie stärken.“
2. Wie stellen Sie sicher, dass die Hebelwirkung von Normung und Standardisierung für den Transfer von Innovationen in marktfähige Produkte in Europa umfassend genutzt wird?
„Die Anwendung von Normen hat eine Vielzahl von Vorteilen. Unter anderem bietet sie Verbrauchern eine standardisierte Produkt- und Dienstleistungsqualität und vereinfacht für Hersteller den Zugang von Produkten und Dienstleistungen zu internationalen Märkten. Um die Wettbewerbsfähigkeit und technologische Souveränität Europas zu stärken, hat die EU-Kommission im Februar 2022 eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, um die Rolle des europäischen Normungssystems in der Welt zu stärken. Die Strategie enthält unter anderem den Plan zur Einrichtung eines Hochrangigen Forums, das die Kommission dabei unterstützen soll, künftige Normungsprioritäten zu antizipieren. Dieses wurde im Januar 2023 eingerichtet und hat seine Arbeit aufgenommen.“
3. Was unternehmen Sie über bestehende Regulierung und Förderprogramme hinaus, um die aktive Mitarbeit von Wissenschaftlern, Verbrauchern, KMU und Start-ups sowie Vertretern von Umweltinteressen in der Standardisierung zu fördern?
„Wir wollen allen Beteiligten Anreize bieten, sich verstärkt an Normierungs- und Standardisierungsbemühungen auf nationaler und europäischer Ebene zu beteiligen. Dies wird zum einen dadurch erreicht, den entsprechenden Gremien stärkere Kompetenz zuzuweisen, z.B. indem Gesetzgebung nicht bereits in kleinste Details reguliert, sondern mehr Spielräume zur Ausdifferenzierung bietet. Hierdurch wird ein Mitwirken bei Normierung und Standardisierung attraktiver, da einflussreicher. Zum anderen wollen wir insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-Ups in Form von Standardisierungsstipendien Anreize bieten, damit diese ihr Fachpersonal verstärkt zur Verfügung stellen können.“
4. Setzen Sie sich dafür ein, dass sich die europäische Gesetzgebung für Zukunftstechnologien auch zukünftig auf das Festlegen grundlegender Anforderungen beschränkt und zu deren Ausgestaltung auf Normen und Standards verweist, um den Rechtsrahmen flexibel und innovationsfreundlich zu gestalten?
„Ja. Unsere Bemühungen, insbesondere im Bereich Bürokratieabbau, zielen darauf ab, praxistauglichere, klarere und verständlichere Regelungen zu erreichen. Wir beobachten einen gegenläufigen Trend, in dem Politik und Staat stärker Kleinstregeln verabschieden und Regulierung bereits durch den Gesetzgeber überkomplex wird und mit hohen Anpassungskosten verbunden ist. Wir verstehen den Gesetzgeber hingegen als Rahmengeber, der allgemeine Regeln festlegt, deren (technische, operative, etc.) Ausdifferenzierung stärker Teil der Aushandlung von Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft wird. Normierung und Standardisierung erachten wir dabei als wesentlich geeigneteres Mittel als ex-ante Regulierung in kleinste Details.“
5. Wie stellen Sie sicher, dass, wie in der EU-Normungsstrategie empfohlen, durch Einbindung von Normung und Standardisierung in universitäre Lehre sowie berufliche Aus- und Weiterbildung genug neue Expert*innen ausgebildet werden, um europäische Interessen international angemessen zu vertreten?
„Für die Gewinnung von Fachpersonal zur Umsetzung der europäischen Normungsbestrebungen gibt es eine Vielzahl von Ansätzen. Im Zentrum dieser Ansätze steht, dass Normung und Standardisierung in der universitären Lehre sowie der beruflichen Aus- und Weiterbildung präsenter gemacht werden müssen. Hierzu gibt es unter anderem den Vorschlag, E-Learning-Schulungsmaterial zum Thema Normung und Standardisierung über die Plattform der EU-Akademie der EU-Kommission zu verbreiten. Zudem bietet das Hochrangige Forum einen Rahmen, sich für die Entwicklung von entsprechenden Hochschullehrmodulen einzusetzen. Durch die Veranstaltung von Normungstagen an Hochschulen, können diese Einrichtungen für die Themen Normung und Standardisierung zusätzlich sensibilisiert werden.“
6. Wie wollen Sie eine europäische Qualitätsinfrastruktur, bestehend aus Normung, Messwesen, Akkreditierung, Konformitätsbewertung sowie Marktüberwachung entwickeln und für Digitalisierung und KI-Technologien sowie den Digitalen Produktpass fit machen?
„Digitale Technologien wie künstliche Intelligenz spielen auch in der europäischen Qualitätsinfrastruktur eine zunehmende Rolle. Über den Einsatz digitaler Lösungen wird auf europäischer Ebene bereits seit einiger Zeit diskutiert. Zutage getreten ist dies beispielsweise in der Strategie der EU-Kommission aus dem Jahre 2022, die hinsichtlich zukünftiger Normen den Übergang von Textform zu maschinenlesbaren Formaten fordert. Zum Zwecke einer effizienteren Arbeit im Bereich der Qualitätsinfrastruktur ist eine zunehmende Digitalisierung von Verfahren im Grunde zu befürworten.“
7. Die neue Bauprodukteverordnung hat das europäische Normungssystem gestärkt und der EU-Kommission klare Vorgaben gesetzt, um den Prozess rund um die Erstellung und Veröffentlichung harmonisierter Europäischer Normen deutlich zu beschleunigen. Wie werden Sie die Umsetzung begleiten und nachhalten?
„Aus bundespolitischer Sicht kann die Umsetzung der neuen Bauproduktenverordnung über die Bauministerkonferenz sowie die Musterbauordnung begleitet und nachgehalten werden. Für die Umsetzung der Vorgaben im nationalen Recht sowie für den Verwaltungsvollzug sind jeweils die Bundesländer zuständig, da das Recht der Bauprodukte dem Bauordnungsrecht zuzuordnen ist.“
8. Wie wollen Sie die europäische Zusammenarbeit in Bezug auf elektrische und digitale Technologien zur Dekarbonisierung und Elektrifizierung unserer Gesellschaft (All Electric Society) stärken und sicherstellen, dass Europa weiterhin führend in der Gestaltung globaler Normen und Standards ist?
„Ohne europäische Standards lassen sich die Ambitionen der EU, die auf die Herstellung einer klimaneutralen, resilienten Wirtschaft gerichtet sind, kaum verwirklichen. An der Gestaltung erforderlicher Normen muss die EU beteiligt sein. Hierfür ist eine Auswahl an Maßnahmen vorgesehen. Allen voran ist ein Augenmerk auf die im Januar 2023 erfolgte Einrichtung des Hochrangigen Forums zu legen, dem Vertreter der Mitgliedstaaten, der europäischen und nationalen Normungsorganisationen, der Industrie, der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft angehören. Das Hochrangige Forum unterstützt bei der Festlegung von Prioritäten für die europäische Standardisierungsarbeit und sorgt dafür, dass die europäische Wirtschaft durch Normungstätigkeiten umweltfreundlicher und digitaler wird.“
1. Welche Bedeutung haben Normung und Standardisierung aus Ihrer Sicht für den Wirtschaftsstandort Europa, den europäischen Binnenmarkt, die digitale und grüne Transformation und unsere digitale Souveränität?
„Wir Freie Demokraten wollen Europa zum digitalen Chancenkontinent machen, Energiesicherheit und effektiven Klimaschutz durch Technologieoffenheit und Marktwirtschaft erreichen und die europäische Infrastruktur auf die Zukunft ausrichten. Harmonisierte Normen und Standards auf europäischer Ebene können einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des Binnenmarkts und Minderung von Wettbewerbsverzerrungen leisten. Wichtig ist dabei, dass für die Verfahren einheitliche Regelungen, Prozesse, Zuständigkeiten und Fristen festgelegt werden, um Doppelregulierung, zusätzliche Bürokratie und Rechtsunsicherheit zu vermeiden. Daneben gilt es, die Potentiale der Digitalisierung zu heben.“
2. Wie stellen Sie sicher, dass die Hebelwirkung von Normung und Standardisierung für den Transfer von Innovationen in marktfähige Produkte in Europa umfassend genutzt wird?
„Für eine Hebelwirkung sind harmonisierte Normen notwendig, die Wettbewerbsverzerrungen ausräumen und gleichzeitig ausreichend Flexibilität für bestehende Produkte lassen. Daher begrüßen wir die Festlegung einheitlicher Regelungen, Prozesse, Zuständigkeiten und Fristen für Normungsverfahren, wobei doppelte Regulierung und zusätzliche Bürokratie vermieden werden müssen.“
3. Was unternehmen Sie über bestehende Regulierung und Förderprogramme hinaus, um die aktive Mitarbeit von Wissenschaftlern, Verbrauchern, KMU und Start-ups sowie Vertretern von Umweltinteressen in der Standardisierung zu fördern?
„Die Beteiligung von Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in Normungs- und Standardisierungsverfahren ist unerlässlich, um Kenntnisse und Erfahrungen in den Prozess einzubringen. Daher wollen wir die aktive Mitarbeit dieser Akteure in nationalen, europäischen und internationalen Normungs- und Standardisierungsgremien verstärken.“
4. Setzen Sie sich dafür ein, dass sich die europäische Gesetzgebung für Zukunftstechnologien auch zukünftig auf das Festlegen grundlegender Anforderungen beschränkt und zu deren Ausgestaltung auf Normen und Standards verweist, um den Rechtsrahmen flexibel und innovationsfreundlich zu gestalten?
„Wir wollen, dass der Staat entsprechend einem "First Mover Advantage" agiert und die Umsetzung und den Transfer von (Zukunfts-)Technologien und Innovationen im Alltag ermöglicht und fördert. Eine Technologie, die nicht angewandt wird, erzielt keine Marktreife. Technologische Anwendungen, die nicht zugelassen sind oder für die keine Rahmenbedingungen existieren, werden nicht zum Produkt und können nicht verkauft werden. Die Hemmschwelle für Investition und Wagniskapital ist hoch. Hierfür müssen auch auf europäischer Ebene geeignete Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wir Freie Demokraten wollen für politische Entscheidungen das Innovationsprinzip ergänzend zum Vorsorgeprinzip. Bei der Folgenabschätzung soll nicht nur auf mögliche Risiken einer Maßnahme geschaut werden. Genauso intensiv muss ermittelt werden, welche Chancen bei Unterlassung verloren gehen. Zukünftig sollen Chancen und Risiken bei allen Verfahren auf europäischer Ebene miteinander abgewogen werden.“
5. Wie stellen Sie sicher, dass, wie in der EU-Normungsstrategie empfohlen, durch Einbindung von Normung und Standardisierung in universitäre Lehre sowie berufliche Aus- und Weiterbildung genug neue Expert*innen ausgebildet werden, um europäische Interessen international angemessen zu vertreten?
„Die Mitarbeit der Wissenschaft in Normungs- und Standardisierungsverfahren ist unerlässlich. Wir Freie Demokraten wollen daher den Wissenstransfer mit dem Instrument der Qualitätsinfrastruktur weiter unterstützen. Zudem soll die aktive Beteiligung in nationalen, europäischen und internationalen Normungs- und Standardisierungsgremien weiter gefördert werden. Es ist zudem essentiell, dass Normungs- und Standardisierungsverfahren in der Forschung von Beginn an mitgedacht werden.“
6. Wie wollen Sie eine europäische Qualitätsinfrastruktur, bestehend aus Normung, Messwesen, Akkreditierung, Konformitätsbewertung sowie Marktüberwachung entwickeln und für Digitalisierung und KI-Technologien sowie den Digitalen Produktpass fit machen?
„Wir Freie Demokraten teilen das Ziel, harmonisierte Normen auf europäischer Ebene zu etablieren und damit den Binnenmarkt zu stärken. Dabei sollten für die Verfahren einheitliche Regelungen, Prozesse, Zuständigkeiten und Fristen festgelegt werden. Zugleich sind die Potentiale der Digitalisierung zu heben. Der digitale Produktpass kann dabei ein Schritt in die richtige Richtung sein. Wichtig ist dabei, dass keine Doppelregulierung erfolgt und zusätzliche Bürokratie grundsätzlich vermieden wird.“
7. Die neue Bauprodukteverordnung hat das europäische Normungssystem gestärkt und der EU-Kommission klare Vorgaben gesetzt, um den Prozess rund um die Erstellung und Veröffentlichung harmonisierter Europäischer Normen deutlich zu beschleunigen. Wie werden Sie die Umsetzung begleiten und nachhalten?
„Wir Freie Demokraten begrüßen das Ziel der EU-Bauproduktenverordnung, harmonisierte Normen auf europäischer Ebene zu etablieren und damit den Binnenmarkt zu stärken. Die Revision der Verordnung sieht einige wesentliche Verbesserungen vor, um die Verfahren durch einheitliche Regelungen, Prozesse, Zuständigkeiten und Fristen zu vereinfachen und damit den bürokratischen Aufwand zu reduzieren. Den weiteren Prozess, die Umsetzung sowie die Erarbeitung nachfolgender Rechtsakte werden wir konstruktiv begleiten, um sicherzustellen, dass diese Erleichterungen sich für alle Akteure auch bemerkbar machen.“
8. Wie wollen Sie die europäische Zusammenarbeit in Bezug auf elektrische und digitale Technologien zur Dekarbonisierung und Elektrifizierung unserer Gesellschaft (All Electric Society) stärken und sicherstellen, dass Europa weiterhin führend in der Gestaltung globaler Normen und Standards ist?
„Als Freie Demokraten wollen wir Forschung und Innovation in allen Bereichen stärken. Zentral ist für uns dabei die Technologieoffenheit, damit sich alle innovativen Lösungen am Markt beweisen können und somit Transformation dort erfolgt, wo sie zügig und wirtschaftlich umgesetzt werden kann. Der Elektrifizierung kommt dabei ein wichtiger Beitrag zu, ebenso aber auch anderen Technologien.“
1. Welche Bedeutung haben Normung und Standardisierung aus Ihrer Sicht für den Wirtschaftsstandort Europa, den europäischen Binnenmarkt, die digitale und grüne Transformation und unsere digitale Souveränität?
„Die Normung ist wichtig, um gemeinsame Standards für die grüne Transformationen und für digitale Technologien zu entwickeln. Sie fördert Nachhaltigkeit und Kompatibilität digitaler Lösungen über verschiedene Sektoren hinweg. Im Hinblick auf den Wirtschaftsstandort Europa verbessert die Normung den Marktzugang, harmonisiert die technischen Anforderungen und verringert die Eintrittsbarrieren für Unternehmen, die im Binnenmarkt tätig sind. Zudem gewährleistet die Normung im Kontext des Binnenmarktes die Interoperabilität, Qualität und Sicherheit über verschiedene Sektoren hinweg und fördert Effizienz, niedrige Kosten und die Einhaltung gesetzlicher Rahmenbedingungen im Binnenmarkt. Somit trägt die Normung zur digitalen Souveränität Europas bei, indem sie die Region in die Lage versetzt, eigene technische Standards festzulegen, die Abhängigkeit von Externen verringert, den Datenschutz und -sicherheit gewährleistet.“
2. Wie stellen Sie sicher, dass die Hebelwirkung von Normung und Standardisierung für den Transfer von Innovationen in marktfähige Produkte in Europa umfassend genutzt wird?
„Generell ist die Einhaltung harmonisierter Normen entscheidend, da sie den Zugang zu einem Markt mit 500 Millionen Menschen sichert. Die Nutzung der Normung erleichtert nicht nur den Marktzugang, sondern fördert auch die Innovation, die Qualität und das Vertrauen in die Produkte und damit die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum auf dem europäischen Markt. Das Vertrauen wird jedoch nur dann aufrechterhalten und gestärkt, wenn die Normen mit den demokratischen Werten, den ökologischen Grundsätzen und den sozialen Interessen der EU übereinstimmen und eine breitere Perspektive als die technischen Komponenten widerspiegeln.“
3. Was unternehmen Sie über bestehende Regulierung und Förderprogramme hinaus, um die aktive Mitarbeit von Wissenschaftlern, Verbrauchern, KMU und Start-ups sowie Vertretern von Umweltinteressen in der Standardisierung zu fördern?
„Im November 2022 haben wir Artikel 10 der Normungsverordnung geändert, um eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft zu fördern und sicherzustellen, dass die Interessen der EU-Bürger*innen bei der Ausarbeitung der Normen berücksichtigt werden, um so die soziale Wirkung zu verstärken. In der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 wird diese Notwendigkeit bereits anerkannt, in dem geänderten Artikel 10 haben wir klargestellt, dass eine ausgewogene Vertretung der relevanten Interessengruppen von wesentlicher Bedeutung ist. Darüber hinaus ist es uns gelungen, unter den relevanten Stakeholdern diejenigen zu nennen, die KMU, Umwelt-, Sozial- und Verbraucherinteressen vertreten. Es ist wichtig, den in Anhang III der Normungsverordnung aufgeführten nationalen Organisationen mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, um ihre effektive Beteiligung an den Normungsprozessen zu gewährleisten. Diese Organisationen müssen von der Kommission und den Mitgliedstaaten unterstützt werden, auch mit mehr Personal.“
4. Setzen Sie sich dafür ein, dass sich die europäische Gesetzgebung für Zukunftstechnologien auch zukünftig auf das Festlegen grundlegender Anforderungen beschränkt und zu deren Ausgestaltung auf Normen und Standards verweist, um den Rechtsrahmen flexibel und innovationsfreundlich zu gestalten?
„Die Arbeit an den jüngsten Rechtsakten bestätigt, dass der Rückgriff auf technische Normen als Grundlage für die Gesetzgebung ein strategischer Ansatz ist, um die Flexibilität zu erhalten und die Innovation im Rechtsrahmen zu fördern. Durch die Festlegung grundlegender Anforderungen in den Rechtsvorschriften und den Verweis auf etablierte Normen und Standards soll ein rechtliches Umfeld geschaffen werden, das sich an den technologischen Fortschritt anpasst und gleichzeitig klare Leitlinien für die Einhaltung der Vorschriften bietet. Dieser Ansatz steht im Einklang mit dem übergeordneten Ziel, harmonisierte Normen zu fördern, die Produktsicherheit zu gewährleisten und den Marktzugang innerhalb der Europäischen Union zu erleichtern.“
5. Wie stellen Sie sicher, dass, wie in der EU-Normungsstrategie empfohlen, durch Einbindung von Normung und Standardisierung in universitäre Lehre sowie berufliche Aus- und Weiterbildung genug neue Expert*innen ausgebildet werden, um europäische Interessen international angemessen zu vertreten?
„Die Integration der Normung in die akademische und berufliche Bildung ist eines unserer Hauptziele im Hinblick auf die Revision der Normungsverordnung der nächsten Wahlperiode. Durch die Aufnahme von Normungsthemen in die akademischen Lehrpläne können die Hochschulen die Studierenden darauf vorbereiten, Normen zu verstehen und zur Entwicklung von Normen beizutragen, die europäische Interessen und Werte auf globaler Ebene widerspiegeln. Durch die praktische Ausbildung in Normungsprozessen können Berufsbildungseinrichtungen sicherstellen, dass Fachleute, die in verschiedenen Branchen tätig sind, mit europäischen Normen vertraut sind und aktiv an der Gestaltung internationaler Normen mitwirken können. Um diese Ziele zu erreichen und eine neue Generation von Fachleuten heranzubilden, die sich in internationalen Normungsprozessen wirksam für europäische Werte einsetzen können, benötigen wir die Unterstützung der Kommission, die ihre Anstrengungen zur Finanzierung und zur Unterstützung der Mitgliedstaaten mit maßgeschneiderten Leitlinien und Fachleuten verstärken sollte.“
6. Wie wollen Sie eine europäische Qualitätsinfrastruktur, bestehend aus Normung, Messwesen, Akkreditierung, Konformitätsbewertung sowie Marktüberwachung entwickeln und für Digitalisierung und KI-Technologien sowie den Digitalen Produktpass fit machen?
„Die Integration digitaler Technologien in die Normungsprozesse kann dazu beitragen, die Herausforderungen durch neue Technologien zu bewältigen und die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Unternehmen zu verbessern. Daher spielt die Metrologie, die die Messwissenschaft und ihre Anwendung umfasst, eine entscheidende Rolle, um Genauigkeit und Zuverlässigkeit von Messungen in verschiedenen Sektoren, einschließlich der digitalen Technologien, zu gewährleisten. Die Verbesserung der messtechnischen Fähigkeiten fördert harmonisierte Messstandards und -verfahren; Innovation und Marktzugang für EU-Produkte und -Dienstleistungen werden erleichtert. Akkreditierungs- und Konformitätsbewertungsprozesse sind unerlässlich, um zu überprüfen, ob Produkte und Dienstleistungen bestimmte Normen erfüllen, und dass sie gestärkt werden müssen, um die Vertrauenswürdigkeit von Produkten im digitalen Zeitalter zu gewährleisten. Das Gleiche gilt für die Marktüberwachung, insbesondere im Bereich der digitalen und KI-Technologien.“
7. Die neue Bauprodukteverordnung hat das europäische Normungssystem gestärkt und der EU-Kommission klare Vorgaben gesetzt, um den Prozess rund um die Erstellung und Veröffentlichung harmonisierter Europäischer Normen deutlich zu beschleunigen. Wie werden Sie die Umsetzung begleiten und nachhalten?
„Zu den Aufgaben der Kommission gehört es, Mechanismen zur Unterstützung der Interessengruppen zu schaffen und die Umsetzung zu überwachen. Wir haben die Kommission gebeten, den Herstellern, Industrieverbänden und anderen relevanten Parteien Leitlinien, Ressourcen und Schulungen zur Verfügung zu stellen, um einen reibungslosen Übergang zu den aktualisierten Normen zu gewährleisten. Wir sind der Meinung, dass regelmäßige Dialoge, Workshops und Konsultationen sehr nützlich sind, um Feedback zu sammeln, Bedenken anzusprechen und die Zusammenarbeit im Normungsprozess zu fördern. Wir sind außerdem der Meinung, dass die Einführung eines robusten Überwachungs- und Bewertungsrahmens unerlässlich ist, um die Fortschritte bei der Entwicklung harmonisierter europäischer Normen zu verfolgen.“
8. Wie wollen Sie die europäische Zusammenarbeit in Bezug auf elektrische und digitale Technologien zur Dekarbonisierung und Elektrifizierung unserer Gesellschaft (All Electric Society) stärken und sicherstellen, dass Europa weiterhin führend in der Gestaltung globaler Normen und Standards ist?
„Eine wichtige Maßnahme ist die Einrichtung der Partnerschaft für digitale Schlüsseltechnologien, die den grünen und digitalen Wandel in Europa beschleunigen soll. Diese Partnerschaft, die durch einen beträchtlichen finanziellen Beitrag der EU und anderer Interessengruppen unterstützt wird, konzentriert sich auf die Bereitstellung innovativer elektronischer Komponenten und Systeme in strategischen Bereichen, von der KI bis hin zu landwirtschaftlichen Erzeugnissen und natürlichen Ressourcen.“
1. Welche Bedeutung haben Normung und Standardisierung aus Ihrer Sicht für den Wirtschaftsstandort Europa, den europäischen Binnenmarkt, die digitale und grüne Transformation und unsere digitale Souveränität?
„Bei Reisen ins europäische Ausland sah man sich früher mit den unterschiedlichsten Steckdosen und Passformen konfrontiert. Die Linke unterstützt den europäischen Einigungsprozess und erkennt die Vorteile der Harmonisierung von Normen und Standards für die Erschließung des Potenzials des EU-Binnenmarktes an.
Wir stehen erneut vor einer Umbruchsituation, die sich aus dem Klimawandel und dem rasanten technologischen Fortschritt ergibt. Um beide Herausforderungen produktiv zu meistern, braucht es Kooperation auf weltweitem Niveau. Die begonnene Technologiekoordinierung zwischen EU und USA im Rahmen des TTC ist ein Anfang, doch alle Weltregionen sollten einbezogen werden. Normierung und Standardisierung kann auf Instrumente der Vereinten Nationen zugreifen, wie bspw. die WIPO, um das Technologiepotenzial von und für die Menschheit nutzbar zu machen. Standards dürfen nicht als Instrument einer geopolitischen Konfrontation missbraucht werden.“
2. Wie stellen Sie sicher, dass die Hebelwirkung von Normung und Standardisierung für den Transfer von Innovationen in marktfähige Produkte in Europa umfassend genutzt wird?
„Die Linke sieht die Aufgabe der Politik in der Weichenstellung, welche Forschungsbereiche für die Gesellschaft besonders relevant sind und öffentlich gefördert werden sollten. Normung und Standardisierung sollten dabei ein integraler Bestandteil europäischer Förderprogramme sein. Das erleichtert dann auch die Technologiefolgeabschätzung, die anders als in den USA zur europäischen Kultur geworden ist. Europa ist in der meist öffentlich geförderten Grundlagenforschung international führend, hinkt aber hinterher, wenn es darum geht, daraus nützliche Anwendungen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Forschung, Produktion und Ausbildung sollten besser zu einem Dreiklang gebracht werden. An Universitäten angegliederte öffentliche Forschungslehrbetriebe könnten dabei in Kooperation mit KMU-Clustern helfen.“
3. Was unternehmen Sie über bestehende Regulierung und Förderprogramme hinaus, um die aktive Mitarbeit von Wissenschaftlern, Verbrauchern, KMU und Start-ups sowie Vertretern von Umweltinteressen in der Standardisierung zu fördern?
„Wir wollen die Plattform für strategische Technologien in Europa (STEP) anders aufstellen und besser ausstatten. Leider haben sich die Freunde des Sparzwangs 2024 im Rat durchgesetzt. Europa verpasste die Chance, sich industriepolitisch neu aufzustellen. Von den vorgeschlagenen 10 Mrd. Euro frisches Geld für STEP kommen nur 1,5 Milliarden - und die fließen ausgerechnet in den Verteidigungsfonds. So können wir als EU mit den Technologie- Investitionen der Regierungen der USA und Chinas nicht Schritt halten.
Wir brauchen Investitionen in eine Industrie, die den Planeten für unsere Kinder erhält, die gute Arbeit schafft, die Demokratie und Mitbestimmung im Umbau stärkt, und die den Alltag für alle besser macht. Ohne Normen und Standardisierung wird sich die dafür benötigte Innovationskraft nicht entwickeln lassen. Über Foren, Beiräte und gezielte Beratung sollten Wissenschaft, Verbraucherschutzverbände, KMU und junge Unternehmen früh an die Aufgaben herangeführt und beteiligt werden.“
4. Setzen Sie sich dafür ein, dass sich die europäische Gesetzgebung für Zukunftstechnologien auch zukünftig auf das Festlegen grundlegender Anforderungen beschränkt und zu deren Ausgestaltung auf Normen und Standards verweist, um den Rechtsrahmen flexibel und innovationsfreundlich zu gestalten?
„Bei der europäischen Gesetzgebung zu Zukunftstechnologien wie zuletzt bei der Verordnung zur Regulierung künstlicher Intelligenz geht es uns darum, die Balance von Segen und Fluch der Optionen im Gesetz abzubilden. Wir folgen hierbei einem risikobasierten Regulierungsansatz. Als Linke haben wir bspw. das bestehende Verbot des Einsatzes von Gesichtserkennung durch Kl im öffentlichen Raum verteidigt. Datenschutz schafft das Vertrauen in Kl- Technologie, das Voraussetzung für den Erfolg von Innovationen ist. Unter strengen Auflagen wird dies nun nach dem Kompromiss zwischen Parlament und Rat leider doch möglich sein, aber zumindest nur für staatliche Ermittler. Wir denken, dass Vorgaben zu Normen und Standards bei der Umsetzung des politisch gesetzten Rahmens durch den Gesetzgeber in angemessener Tiefe erfolgen sollten, wo dies angebracht ist. Reine Fragen der Implementierung werden durch Arbeitsgruppen von Rat und EU-Kommission bearbeitet. Hier fordern wir mehr Transparenz.“
5. Wie stellen Sie sicher, dass, wie in der EU-Normungsstrategie empfohlen, durch Einbindung von Normung und Standardisierung in universitäre Lehre sowie berufliche Aus- und Weiterbildung genug neue Expert*innen ausgebildet werden, um europäische Interessen international angemessen zu vertreten?
„EU-finanzierte Forschung muss den Normungsbedarf in Innovationsprojekten aufwerten. Im für 2 Jahre ausgelegten „Standardisation Booster" ist diese Herangehensweise fixiert, was Die Linke begrüßen. Hohe Standards in der sozial- Ökologischen Transformation bedeuten mehr Sicherheit und Vereinfachungen für alle und sind Teil eines positiven internationalen Wettbewerbsverständnisses. Die Mitsprache von Zivilgesellschaft und KMUS sind über den Europäischen Forschungsraum zu sichern. Die Linke fordert wesentlich mehr strategische Förderung für grüner Industrie.“
6. Wie wollen Sie eine europäische Qualitätsinfrastruktur, bestehend aus Normung, Messwesen, Akkreditierung, Konformitätsbewertung sowie Marktüberwachung entwickeln und für Digitalisierung und KI-Technologien sowie den Digitalen Produktpass fit machen?
„Qualitätsinfrastruktur bedeutet Verbraucherschutz. Bis heute liegt die Verantwortung für Qualitätskontrolle und Marktüberwachung weitgehend bei den Mitgliedstaaten. Die Linke würde es begrüßen, wenn von der WELMEC und der OIML entwickelte Messstandards EU-weit verbindlich würden. Der linke Europaabgeordnete André Brie hat als Berichterstatter für die EU-Verordnung über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten die Ansprüche durchgesetzt, die wir heute an Produkte mit CE- Kennzeichnung haben dürfen.
Für die neue Kl-Technologie unterstützen wir den risikobasierten Ansatz. Was hilft, was könnte schaden oder missbraucht werden? Potenzial sehen wir in Marker und Blockchain-Technologien, die mit dem Digitalen Produktpass als Teil der neuen Ökodesign-Verordnung den Werdegang eines Produktes kenntlich machen und so Unternehmen dabei unterstützen können, ihrer neuen Sorgfaltspflicht entlang ihrer Lieferketten nachzukommen.“
7. Die neue Bauprodukteverordnung hat das europäische Normungssystem gestärkt und der EU-Kommission klare Vorgaben gesetzt, um den Prozess rund um die Erstellung und Veröffentlichung harmonisierter Europäischer Normen deutlich zu beschleunigen. Wie werden Sie die Umsetzung begleiten und nachhalten?
„Die LINKE bedauert, dass mit der Bauprodukteverordnung vor allem die bestehenden Standards gestärkt wurden, die nach den Belangen der fertigenden Industrie definiert wurden. Es wurde eine Gelegenheit verpasst, Nachhaltigkeit zu einem vorrangigen Kriterium der Standards im Bau zu machen, statt industrielle Profite. Der Ansatz der Selbstregulierung hat nachweislich nicht dazu geführt, dass die Industrie sich zum Vorreiter für Nachhaltigkeit gemacht hat. Wir treten daher für eine stärkere Rolle der gesamtgesellschaftlichen Interessen in der Definition von Industriestandards ein. Entsprechende Foren sollten transparent und unter Einbindung vielfältiger Perspektiven bessere weil nachhaltigere Standards entwickeln. An deren Umsetzung würden wir uns dann gern auf europäischer Ebene und auf Ebene der Mitgliedstaaten beteiligen.“
8. Wie wollen Sie die europäische Zusammenarbeit in Bezug auf elektrische und digitale Technologien zur Dekarbonisierung und Elektrifizierung unserer Gesellschaft (All Electric Society) stärken und sicherstellen, dass Europa weiterhin führend in der Gestaltung globaler Normen und Standards ist?
„Mithilfe von Differenz- und Klimaschutzverträgen (CCfDs) wollen wir klimafreundliche Technologie bei der Um- und Ausrüstung von Produktionsanlagen fördern und Beschäftigung schützen: Energieintensive Industriebetriebe erhalten Finanzhilfen für die Umrüstung auf eine CO2-arme Produktion in Höhe der Differenz der CO2-Vermeidungskosten und dem CO2-Zertifikatspreis. So bleiben Industriebetriebe in der Transformation wettbewerbsfähig und Beschäftigung kann geschützt werden.
Subventionen und Investitionshilfen für eine CO2-freie Industrie müssen an soziale Bedingungen für gute Arbeit, Tariftreue, konkrete Beschäftigungszahlen, Ausbildungsquoten und Standortgarantien geknüpft werden. Wer Beschäftigungsabbau betreibt, muss Fördergelder zurückzahlen. Es dürfen keine Unternehmen in Steueroasen gefördert werden.
Normen und Standards einer globalen „All Electric Society" sollen gemeinsam mit Partnern in den anderen Weltregionen definiert werden. Die Kolonialzeit ist vorbei.“
1. Welche Bedeutung haben Normung und Standardisierung aus Ihrer Sicht für den Wirtschaftsstandort Europa, den europäischen Binnenmarkt, die digitale und grüne Transformation und unsere digitale Souveränität?
„Wir wollen, dass Deutschland und Europa attraktive Wirtschafts- und Industriestandorte sind, die Arbeitsplätze und den Wohlstand von morgen sichern. Und wir wollen in Europa zeigen, dass Industrie, Klimaschutz und sozialer Fortschritt zusammengebracht werden können. Standardisierung und Normen sind ein oft übersehener, aber unerlässlicher Bestandteil unseres Wirtschaftsmodells und seines Erfolges. Technische Normen können von strategischer Bedeutung sein und unsere technologische Eigenständigkeit und Unabhängigkeit sind auch abhängig von der Motivation, weltweit führende Normen und Standardisierungen zu setzen und mit neuen Ideen voranzugehen. Insofern haben funktionierenden Normen und Standardisierung in der digitalen Welt, bei KI, aber auch die Fortentwicklung bestehender Normen eine große Rolle für die künftige Entwicklung und Rolle Europas in der Welt. Normen und Standards „Made in EU“ müssen wettbewerbsfähig bleiben.“
2. Wie stellen Sie sicher, dass die Hebelwirkung von Normung und Standardisierung für den Transfer von Innovationen in marktfähige Produkte in Europa umfassend genutzt wird?
„Gerade im Bereich der Cybersicherheit hat die europäische Gesetzgebung in der vergangenen Legislaturperiode dafür gesorgt, dass durch technische Normen Innovation und Sicherheit Einzug in Produkte des Alltags der Menschen halten. Gleichzeitig ist klar, der gesetzliche Rahmen kann nur ein Ansatz von mehreren sein, um die Innovation und Weiterentwicklung von Produkten zu begleiten. Dabei gehen die Schritte, welche die Europäische Kommission eingeschlagen hat, um die Normungsverfahren zu beschleunigen, in die richtige Richtung. Denn Innovationstreiber wie Start-Ups und KMUs haben andere Zeithorizonte und weniger Ressourcen als etablierte Unternehmen und brauchen daher schneller Normungs- und Standardisierungsgebende Verfahren, um ihre Innovationen zu begleiten oder zu etablieren. Gleichzeitig sind die operationellen Programme der Europäischen Union, wie die Connecting Europe Facility, eine Möglichkeit, schnell innovative Normen mit öffentlichem Geld zu unterstützen.“
3. Was unternehmen Sie über bestehende Regulierung und Förderprogramme hinaus, um die aktive Mitarbeit von Wissenschaftlern, Verbrauchern, KMU und Start-ups sowie Vertretern von Umweltinteressen in der Standardisierung zu fördern?
„Die SPD hat im Europäische Parlament die Entwicklung von Informationskampagnen begrüßt, die, in Abstimmung mit Industrie und Forschung entwickelt werden sollten, damit alle relevanten Stakeholder informiert werden, dass sie sich in die Entwicklung von Standardisierung mit ihren Interessen einbringen können. Zur Zielgruppe dieser Informationskampagnen gehören beispielsweise Organisationen der Zivilgesellschaft, junge Forschende, aber auch KMU und Start-Ups, die sonst in den Hauptstädten der Europäischen Union keine ausreichende Vertretung oder Gehör finden.“
4. Setzen Sie sich dafür ein, dass sich die europäische Gesetzgebung für Zukunftstechnologien auch zukünftig auf das Festlegen grundlegender Anforderungen beschränkt und zu deren Ausgestaltung auf Normen und Standards verweist, um den Rechtsrahmen flexibel und innovationsfreundlich zu gestalten?
„In der vergangenen Legislatur gibt es zahlreiche Beispiele von Rahmengesetzgebung, bei der dieser etablierte Ansatz gewählt wurde. Produktsicherheitsgesetzgebung, Cybersicherheit von Produkten und Nachhaltigkeitsberichtsstandards sind nur einige Beispiele. Gleichzeitig sehen wir aber auch, dass wir bei neuartigen Gesetzen, wie dem Gesetz zur künstlichen Intelligenz, dass der Gesetzgeber gefordert ist, sehr weitgehende Anforderungen und Verbote zu erlassen. Da wären Standards und Normen oder Selbstregulierung der Wirtschaft überfordert und würden nicht zur Bildung einer Vertrauensbasis durch Nutzer oder Gesellschaft führen.“
5. Wie stellen Sie sicher, dass, wie in der EU-Normungsstrategie empfohlen, durch Einbindung von Normung und Standardisierung in universitäre Lehre sowie berufliche Aus- und Weiterbildung genug neue Expert*innen ausgebildet werden, um europäische Interessen international angemessen zu vertreten?
„Die bedarfsgerechte Deckung der Fachkräftenachfrage wird entscheidend dafür sein, bei Wettbewerb, Innovation und Wohlstandssicherung global mitzuhalten. Daher ist eine Verbindung zwischen Normung und Universitäten in manchen Wissenschaftsbereichen, insbesondere in den technischen, sicherlich wünschenswert. Aber die Möglichkeiten der EU sind hier – aufgrund der Kompetenzverteilung – auf die Forschungs- und Bildungsprogramme der EU begrenzt. Darüber hinaus sollte sich diese überschneidende Wirkung aber nicht nur auf die akademische Lehre beschränken. Viele technische Bereiche, in denen Normung und Standardisierung eine große Rolle spielen, werden durch Ausbildungsberufe und berufsbezogene Weiterbildung geprägt. Diese sollten europäisch ebenfalls bedacht werden. Zusätzlich wäre es beispielsweise wünschenswert, neue Ideen wie den europäischen Talentpool näher in den Blick zu nehmen und dort, wo wir Fachkräftemangel haben, neue Zuzugsmöglichkeiten zu nutzen.“
6. Wie wollen Sie eine europäische Qualitätsinfrastruktur, bestehend aus Normung, Messwesen, Akkreditierung, Konformitätsbewertung sowie Marktüberwachung entwickeln und für Digitalisierung und KI-Technologien sowie den Digitalen Produktpass fit machen?
„Wir Sozialdemokrat*innen wollen die europäische Qualitätsinfrastruktur für KI-Technologien, den digitalen Produktpass und die Digitalisierung allgemein zukunftssicher machen. Hier braucht es die Zusammenarbeit verschiedener Bestandteile: robuste Normung, präzise Messwesen, zuverlässige Akkreditierung, effiziente Konformitätsbewertung und proaktive Marktüberwachung. Wir setzen uns für die transparente Einbeziehung der Stakeholder ein, um sicherzustellen, dass sich unsere Normen und Qualitätsinfrastruktur parallel zum technologischen Fortschritt entwickeln können. Weiter fordern wir die Einführung digitaler Tools für die Marktüberwachung, um eine einheitliche Behandlung europäischer und drittstaatlicher Akteure zu behandeln. Dieser Ansatz sichert nicht nur unsere technologische Souveränität, sondern stärkt auch das Vertrauen und die Sicherheit der Verbraucher*innen und so sorgen wir dafür, dass der europäische Markt in Sachen Qualität und Innovation weltweit führend bleibt.“
7. Die neue Bauprodukteverordnung hat das europäische Normungssystem gestärkt und der EU-Kommission klare Vorgaben gesetzt, um den Prozess rund um die Erstellung und Veröffentlichung harmonisierter Europäischer Normen deutlich zu beschleunigen. Wie werden Sie die Umsetzung begleiten und nachhalten?
„Die neue Bauprodukteverordnung wird die Veröffentlichung von Normen für Bauprodukte in der EU verbessern, so dass die Hersteller*innen neue und innovative Produkte schneller und günstiger auf den Markt bringen können. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf dem digitalen Produktpass. Dieser muss auf der einen Seite praktikabel sein und verschiedenen Zielgruppen mit unterschiedlichen Anforderungen und Erwartungen angewendet werden. Auf der anderen Seite ist besonders wichtig, dass es nicht zu einer sozialen und digitalen Aufspaltung der Gesellschaft kommt. Denn um diesen nutzen zu können, braucht man die notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Endgeräte.“
8. Wie wollen Sie die europäische Zusammenarbeit in Bezug auf elektrische und digitale Technologien zur Dekarbonisierung und Elektrifizierung unserer Gesellschaft (All Electric Society) stärken und sicherstellen, dass Europa weiterhin führend in der Gestaltung globaler Normen und Standards ist?
„Die Europäische Union beweist regelmäßig, dass sie weltweit führend in der Gestaltung von Normen und Standards ist, die sich an demokratischen Werten orientieren. Dies muss auch künftig auf verschiedenen Ebenen stattfinden, damit wir unsere Wettbewerbsfähigkeit halten können. Zum einen sollte die Europäische Union Partner und Verbündete auf dem internationalen Parkett finden, um gemeinsame internationale Standards zu etablieren. Zum anderen wird es aber weiter wichtig sein, die richtigen gesetzlichen Rahmenbedingungen zu setzen. Neben innovativen Gesetzgebungen, wie dem Gesetz für künstliche Intelligenz, dem ersten seiner Art weltweit, wurden wichtige Produktsicherheitsregeln in dieser Legislatur aktualisiert. Hier gilt es weiter aktiv zu sein und beispielsweise die Aktualisierung des sogenannten ‚New Legislative Framework‘ im Blick zu halten.“
„Wir erlauben uns, Ihre Fragen in einer einzelnen Antwort zusammenzufassen. Die Bedeutung der Normung besteht darin, einheitliche Standards und Spezifikationen für Produkte, Dienstleistungen und Prozesse zu entwickeln und festzulegen. Die Normung trägt dazu bei, die Unternehmen zu stärken, den technischen Fortschritt zu fördern und das Gemeinwohl durch Vereinheitlichung, Qualitätssicherung, Gewährleistung von Sicherheit, Rationalisierung, Wissenstransfer und Verbraucherschutz zur schützen sowie Handel zu erleichtern. Die hohe Qualität seiner Produkte und wirtschaftlich-technische Spitzenposition Deutschlands beruht auch auf einer konsequenten Normung und Standardisierung. Regierungen nehmen dabei eine unterstützende und koordinierenden Funktion in der Normungslandschaft ein, ohne jedoch direkt in die Erarbeitung selbiger einzugreifen, denn dies ist die Aufgabe der unabhängigen Normungsorganisationen. Die gilt auch entsprechend niederschwelliger für Parteien, die zu Wahlen antreten. Die AfD setzt sich dafür ein, dass die hohen deutschen Standards auch möglichst international implementiert werden.“